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Abschied von Peter Hintze

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Im Berliner Dom nahmen am 01.12.2016 Spitzenvertreter aus Politik und Gesellschaft Abschied vom verstorbenen Bundestagsvizepräsidenten Peter Hintze.

Foto: epd-bild/Christian Ditsch

Im Berliner Dom nahmen am 01.12.2016 Spitzenvertreter aus Politik und Gesellschaft Abschied vom verstorbenen Bundestagsvizepräsidenten Peter Hintze.

Mit einem Trauergottesdienst im Berliner Dom hat das politische Berlin Abschied von Peter Hintze (CDU) genommen. Politiker aller im Bundestag vertretenen Parteien gedachten am Donnerstagmorgen des stellvertretenden Parlamentspräsidenten.

Der Christdemokrat war am Samstag einem schweren Krebsleiden erlegen. An der morgendlichen Feier nahmen Bundespräsident Joachim Gauck und zahlreiche Vertreter der Bundesregierung teil, an ihrer Spitze Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Hintze war einer ihrer engen politischen Wegbegleiter.

An den vier Ecktürmen des Reichstags wehten die Flaggen auf Halbmast. Der Bundestag gedachte zu Beginn seiner Plenarsitzung des verstorbenen Vizepräsidenten. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) würdigte Peter Hintze als "Parlamentarier mit Leib und Seele". Er erinnerte an Hintzes Beiträge im Parlament zu ethischen Fragen.

Der Theologe sei ein Mann mit Überzeugungen gewesen, die er auch im Dissens zu seiner Kirche vertreten habe, sagte Lammert: "Steitbar war er, der gläubige Christ." So habe er in der Debatte um Sterbehilfe eine liberale Position vertreten. Sein eigenes Schicksal einer schweren Krebserkrankung habe Hintze indes "mit bewunderungswürdiger Haltung und ohne erkennbare Bitterkeit ertragen", sagte Lammert.

"Ein guter Theologe nimmt es mit jedem Juristen auf"

In seiner Predigt im Dom würdigte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, Hintze als "freien Geist" und lobte seine Dialogfähigkeit über Parteigrenzen hinweg. Er sei ein Gesprächspartner gewesen, der zuhören konnte, sagte Schneider. "Auch Freunde aus der Politik haben Peter Hintze beim Sterben begleitet, Gott sei Dank." Er sei nun in der Ewigkeit Gottes geborgen.

Nikolaus Schneider war bis 2013 Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland - der Landeskirche, in der Hintze als Pfarrer in Königswinter arbeitete, bevor er 1983 in die Politik wechselte. Hintze war zunächst Bundesbeauftragter für den Zivildienst.  1991 und 1992 war er Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Frauen und Jugend, von 1992 bis 1998 CDU-Generalsekretär und von 2005 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Seit 2013 hatte er das Amt des Bundestagsvizepräsidenten inne.



Bundestagspräsident Lammert las im Gottesdienst aus dem Matthäus-Evangelium die Verse vom Einzug Jesu in Jerusalem (Mt. 21, 1 - 9). Die Vizepräsidenten Edelgard Bulmahn (SPD), Johannes Singhammer (CSU), Petra Pau (Linke) und Claudia Roth (Grüne) sprachen die Fürbitten. Der Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), hob hervor, Peter Hintze habe für seine Überzeugungen mit Verstand und mit großem Herz gestritten. Er zitierte ihn mit den Worten: "Ein guter Theologe nimmt es mit jedem Juristen auf."

Die Musik in dem Trauergottesdienst war von Adventsliedern geprägt. Die Predigt wurde von der Domkantorei eingebettet in Stücke aus dem Weihnachtsoratorium Johann Sebastian Bachs und aus dem Requiem von Gabriel Fauré. Von einem großformatigen Porträtbild im Altarraum richtete sich der Blick des verstorbenen Rheinländers auf die Trauergemeinde. Die Bänke in dem großen wilhelminische Kirchenbau waren etwa zur Hälfte besetzt - von rund 600 Teilnehmern sprach die EKD. Hintzes Familie sei nicht anwesend gewesen.

Peter Hintze, der verheiratet war und einen Sohn hatte, wird am Samstag in seinem Geburtsort Bad Honnef bei Bonn auf dem Friedhof der evangelischen Erlöserkirche beigesetzt. Auch zur Beerdigung werden noch einmal zahlreiche Spitzen aus der Bundes- und Europapolitik erwartet.

Peter Hintze wird beigesetzt

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Bundestagsvizepraesident Peter Hintze gestorben

Foto: epd/Rolf Zoellner

Hintze war am 26. November im Alter von 66 Jahren an den Folgen eines Krebsleidens gestorben.

Der vor einer Woche gestorbene CDU-Politiker Peter Hintze wird heute (Samstag) in seinem Geburtsort Bad Honnef beigesetzt. Zur Trauerfeier und zur anschließenden Beisetzung werden nach Medienberichten mehrere hundert Gäste erwartet. Darunter seien Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) sowie EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD). 

Hintze war am 26. November im Alter von 66 Jahren an den Folgen eines Krebsleidens gestorben. Der Theologe war Anfang der 80er Jahre zunächst Pfarrer in der Evangelischen Kirche im Rheinland und wechselte 1983 als Bundesbeauftragter für den Zivildienst in die Politik. Zuletzt war er Bundestagsvizepräsident. Das politische Berlin hatte bereits am Donnerstag mit einem Trauergottesdienst Abschied von Hintze genommen.

CDU-Politiker Hintze in Bad Honnef beigesetzt

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Politiker Peter Hintze wurde beigesetzt

Foto: epd/Meike Boeschemeyer

Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU) waren ebenfalls nach Bad Honnef gekommen, wo der evangelische Theologe Hintze mit seiner Familie lebte.

Der vor einer Woche gestorbene CDU-Politiker Peter Hintze ist am Samstag in seinem Geburtsort Bad Honnef beigesetzt worden. An der Trauerfeier in der evangelischen Erlöserkirche nahmen mehrere hundert Gäste teil, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU). Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Kanzleramtsminister Peter Altmaier (beide CDU) waren ebenfalls nach Bad Honnef gekommen, wo der evangelische Theologe Hintze mit seiner Familie lebte. 

Als weitere politische Weggefährten reisten Unions-Fraktionschef Volker Kauder, Ex-Bundespräsident Christian Wulff mit Familie und der frühere Bundesminister Michael Glos (CSU) an. Für das Land Nordrhein-Westfalen nahm Staatskanzlei-Chef Franz-Josef Lersch-Mense (SPD) teil. Wegen der politischen Prominenz herrschten starke Sicherheitsvorkehrungen, die Polizei sperrte eine Reihe von Straßen. 

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Mit einem Trauergottesdienst im Berliner Dom hatte das politische Berlin bereits am Donnerstag Abschied von Hintze genommen, der am vergangenen Samstag im Alter von 66 Jahren einem Krebsleiden erlegen war. Hintze war Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland in Königswinter, bevor er 1983 als Bundesbeauftragter für den Zivildienst in die Politik wechselte. 

Er war ab 1991 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Frauen und Jugend, von 1992 bis 1998 CDU-Generalsekretär und von 2005 bis 2013 Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium. Seit 2013 hatte er das Amt des Bundestagsvizepräsidenten inne. Hintze hinterlässt seine Ehefrau und einen Sohn.

Pfarrer im Winter: "Immer diese Beerdigungen"

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Pfarrer dürfen nur ihren Talar und ein Barett tragen.

Foto: evangelisch.de

So geht's leider nicht. Egal, wie kalt es auf dem Friedhof ist: Pfarrer dürfen nur ihren Talar und ein Barett tragen.

Draußen liegt Schnee, das Thermometer steht auf minus fünf Grad. Und nun eine Beerdigung… Während die Trauergemeinde mit warmen Mänteln und Hüten zum Grab stiefelt, steht die Pfarrerin da und friert: Sie hat nur den Talar. Was können Pfarrer tun, um sich im Winter zu wärmen?

Ein dicker Schal, eine warme Pudelmütze, Fausthandschuhe mit Fell, die geringelten Wollsocken von Oma – geht alles nicht. Und sei es noch so kalt in der Kirche oder auf dem Friedhof. Die Kleiderordnungen der Landeskirchen lassen Pfarrerinnen und Pfarrern kaum Spielraum bei der Wahl der Kleidung: Vorgeschrieben sind der schwarze Talar, dazu ein weißes Beffchen, Kragen oder Krause; mancherorts sind je nach Anlass Chorhemden, Alben und Stolen erlaubt. Die Amtstracht soll Kompetenz zum Ausdruck bringen, Pfarrer sollen ihrer Rolle entsprechen auftreten, Haltung bewahren. Absolut ausgeschlossen sind daher auch Jacken und Mäntel über dem liturgischen Gewand. Wer leicht friert, kann einen dickeren Talar auswählen: Die Pfarrer-Tracht besteht fast immer aus Wolle, und die speichert Körperwärme.

"Wenn man was Quietschgrünes trägt, sind die Leute einfach abgelenkt, weil es vorne am Ärmel rausguckt", findet Ivonne Heinrich.

Wenn schon obendrüber nichts Wärmendes erlaubt ist, geht es zumindest untendrunter: Zu Beerdigungen und zu Gottesdiensten in großen kalten Kirchen empfehlen sich Angora-Unterhemden, lange Unterhosen und dicke schwarze Socken. Pfarrerin Ivonne Heinrich aus Diedenbergen (Hessen), die im Theologischen Seminar in Herborn Vikare im Fach Liturgische Präsenz unterrichtet, hat einen entscheidenden Tipp für all die Kleidungsstücke, die man unter den Enden des Talars sehen kann: Sie sollten schwarz oder weiß sein. "Wenn man was Quietschgrünes trägt, sind die Leute einfach abgelenkt, weil es vorne am Ärmel rausguckt", gibt sie zu bedenken. Auch allzu grobe Strick-Ärmel findet Heinrich unpassend. "Man kann durchaus einen Pullover drunter haben, das ist überhaupt nicht der Punkt, aber irgendwas Feines soll es eben sein." Um den Hals zu wärmen, findet sie schwarze Rollkragenpullis am unauffälligsten.

Im Notfall Handschuhe anziehen?

So richtig kalt wird es natürlich erst außerhalb der Kirche. Ivonne Heinrich hat lange Zeit auf dem Westerwald gearbeitet und erinnert sich an eisige Amtshandlungen: Beerdigungen bei Frost und Schnee. Da frieren besonders Kopf und Hände. "Bei einer Beerdigung in meiner Anfangszeit hatte ich meine Mappe draußen, und es war so kalt, dass ich es nicht mehr geschafft habe umzublättern. Meine Finger waren richtig steifgefroren." Darf eine Pfarrerin keine Handschuhe anziehen? Oberkirchenrat Stephan Goldschmidt, Referent für Gottesdienst und Kirchenmusik bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Hannover, meint: "Im Notfall, wenn es extrem kalt ist, kann man schwarze Lederhandschuhe tragen."

Doch Ivonne Heinrich findet Handschuhe am Grab völlig deplatziert. "Gerade weil man ja am Schluss den Segen spricht und dabei ja auch die Hände hebt. Und die Handschuhe vorher ausziehen - das ist liturgisch dann noch schräger." Ihre Lösung: Sie hat alle Texte, die sie als Pfarrerin draußen am Grab sprechen muss, auswendig gelernt. So muss sie keine Mappe mehr mit nach draußen nehmen, hat die Hände frei und kann sie vorn verschränkt in die weiten Ärmel des Talars stecken. Dort ist es warm, und die Körperhaltung wirkt trotzdem seriös und angemessen.

"Immer diese Beerdigungen", seufzt auch Ulrike Trautwein, die 14 Jahre lang Pfarrerin in Frankfurt am Main war, bevor sie Generalsuperintendentin in Berlin wurde. Warme Unterhemden und lange Unterhosen halfen nur bedingt, denn "Füße und Hände, das ist mein Problem." Handschuhe kommen auch für Ulrike Trautwein nicht in Frage. "Das gibt's nicht, da muss man durch, und wenn es minus 50 Grad kalt ist." Also hat sie sich Taschenwärmer besorgt, die man knicken muss, damit sie heiß werden. "Die habe ich auf beiden Seiten in die Talartasche gesteckt und immer wenn man es nicht sah, hab ich die geknickt und meine Hände in den Taschen gewärmt."

So überstand sie die Beerdigungen einigermaßen warm. Die Lösung für ihre kalten Füße war relativ einfach: dicke mit Fell gefütterte Stiefel. Ihre Kollegin Ivonne Heinrich empfiehlt zusätzlich ein recht grobes Profil unter den Sohlen: "Man läuft ja mal über den Rasen oder über einen verschneiten Weg." Zum Grab zu rutschen und zu schlittern wäre im wahrsten Sinn des Wortes eine liturgische Entgleisung.

Es gibt nichts auf die Ohren

Ungelöst bleibt bisher das Problem mit den Ohren: Die leiden bei Beerdigungen besonders unter Kälte und Wind. "Das ist ein sensibler Punkt", sagt Oberkirchenrat Stephan Goldschmidt. Die einzige Kopfbedeckung, die das Kirchenrecht für Pfarrer vorsieht, ist in den meisten Landeskirchen das Barett aus schwarzem Samt oder Wollstoff. So steht zum Beispiel in der Verwaltungsverordnungüber liturgische Kleidung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau: "Als Kopfbedeckung im Freien darf zur Amtstracht nur das Barett getragen werden." In der Evangelischen Kirche der Pfalz ist in einer lesenswerten königlichen Bestimmung von 1843 sogar festgelegt, dass das Barett zur Amtstracht gehört und "allerwärts getragen werden muss".

Porträt von Martin Luther (1483-1546) mit Barett auf dem Kopf

Die Kopfbedeckung kennt man vielleicht von Porträts des Reformators Martin Luther – heute ist das Barett aus der Mode gekommen, jedenfalls bei Pfarrern. "Die Tendenz nimmt ab, früher war das üblicher als heute", sagt Stephan Goldschmidt und vermutet, dass die meisten Kollegen schon aus Kostengründen auf die Anschaffung verzichten: Die guten Stücke kosten 60 Euro aufwärts. "Vielleicht jeder Zehnte" kaufe ein Barett zum Talar, berichtet Christian Barthelms, Inhaber der Firma Assmann, Fachlieferant für evangelischen Kirchenbedarf in Lüdenscheid. Einen etwas anderen Trend beobachtet dagegen Martina Wasmer, Inhaberin der Gewandmeisterei Wasmer in Issigau (Bayern): Die Kopfbedeckungen würden "in letzter Zeit immer öfter" gekauft. Allerdings stellt Wasmer fest: "Die werden nur im Winter bestellt, im Sommer nimmt keiner ein Barett."

Vikare, die im Winter ihre Amtstracht kaufen, sollten allerdings bedenken: Ein Barett hilft nicht gegen kalte Ohren, aber es schützt immerhin ein wenig vor Regen, Hagel oder Schnee. "Das ist nicht so ohne, mit Schirm kann man schlecht ans Grab stapfen", sagt Ulrike Trautwein. "Als junge Pfarrerin hab ich da gestanden wie ein begossener Pudel." Oberkirchenrat Stephan Goldschmidt rät, dass man jemanden beauftragt, der einem einen Regenschirm hält. "Der Bestatter kann das gut machen." Nach der Erfahrung von Ulrike Trautwein kommt mittlerweile meistens von selbst jemand auf die Idee, die Pfarrerin während ihrer Ansprache zu beschirmen: "Heute springen die Menschen einem eher bei." Eine Geste, die zumindest von innen wärmt.

Dieser Artikel erschien bereits im Februar 2015 auf evangelisch.de.

"Eine mutige und engagierte Politikerin"

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FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher gestorben
Viele Jahrzehnte hat sie die liberale Politik in Deutschland mitgeprägt; 2002 brach sie mit "ihrer" FDP: Am Donnerstag ist Hildegard Hamm-Brücher im Alter von 95 Jahren in München gestorben. Sie war Mitglied der bayerischen Landessynode wie auch der EKD-Synode und gehörte dem Präsidium des Kirchentags an.

Wie die bayerische FDP am Freitag bekanntgab, starb die frühere Staatsministerin im Auswärtigen Amt bereits am Donnerstag im Alter von 95 Jahren. Hamm-Brücher war auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene politisch aktiv, 2002 trat sie nach 54 Jahren aus der FDP aus. Für ihre Geradlinigkeit und das Eintreten für ihre Überzeugungen wurde Hildegard Hamm-Brücher nun unter anderem von Bundespräsident Joachim Gauck, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und FDP-Chef Christian Lindner gewürdigt.

Gauck erklärte, Hamm-Brücher sei eine der ersten Frauen gewesen, "die in der Politik der Bundesrepublik aktiv waren und selbstbewusst ihren Weg gegangen sind". Die Politikerin habe wie kaum eine andere für einen Liberalismus gestanden, der sich für Bürgerrechte, Zivilcourage und demokratische Kultur einsetzte, schrieb Gauck in einem Kondolenzschreiben an Hamm-Brüchers Tochter Miriam Hamm. "Klug, selbstständig und fair focht sie für ihre Überzeugungen."

EKD-Ratschef: "das glaubwürdige Vorbild einer authentischen Protestantin"

Bundeskanzlerin Merkel sagte, Deutschland verliere mit Hamm-Brücher "eine herausragende Demokratin" sowie "eine der letzten politischen Akteurinnen, die unsere Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg mit aufgebaut haben". Die Politikerin sei "über viele Jahrzehnte hinweg eine der profiliertesten Stimmen und ein Vorbild des politischen Liberalismus in Deutschland" gewesen. Freiheit sei für Hamm-Brücher, die Krieg und Gewaltherrschaft selbst erlebt hatte, "Privileg, aber auch Verpflichtung" gewesen, sagte Merkel. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) betonte, die langjährige FDP-Politikerin habe sich "unermüdlich und leidenschaftlich für unsere Demokratie und gegen Extremismus eingesetzt".

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bayerns Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, würdigte Hamm-Brücher als "authentische Protestantin": "Sie war eine mutige und engagierte Politikerin." Dass der christliche Glaube ihre Richtschnur gewesen sei, habe sie nie verborgen. "Damit war sie für mich und viele andere Menschen das glaubwürdige Vorbild einer authentischen Protestantin", sagte Bedford-Strohm. Neben ihrer politischen Arbeit war Hamm-Brücher ehrenamtlich in der Kirche engagiert: Sie war Mitglied der bayerischen Landessynode wie auch der EKD-Synode und gehörte dem Präsidium des Kirchentags an.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte, mit Hildegard Hamm-Brücher verliere die Bundesrepublik "eine der ersten Frauen, die sich im Auswärtigen Amt und weit darüber hinaus für Demokratie und Freiheitsrechte eingesetzt hat". Die FDP-Politikerin war von Dezember 1976 bis September 1982 Staatsministerin im Auswärtigen Amt.

FDP-Bundesvorsitzender Lindner twitterte kurz nach Bekanntwerden des Todes am Freitagmorgen: "Wir trauern um Hildegard Hamm-Brücher. Sie war eine unbequeme Politikerin im besten Sinne. Wir blicken voller Respekt auf ihr Lebenswerk." 



Die frühere Präsidentin des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sagte, die Bundesrepublik habe eine "der größten Persönlichkeiten, die wir politisch wie menschlich hatten", verloren. Vor dem Hintergrund ihrer eigenen bitteren Erfahrungen in der NS-Zeit habe sich Hamm-Brücher ein Leben lang für eine freiheitliche und gerechte Gesellschaft eingesetzt. "Mutig hat sie ihre Position, auch gegen den Mainstream in der eigenen Partei, aufrechterhalten", erklärte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde für München und Oberbayern. Sie sei ihren Prinzipien selbst um den Preis eines Parteiaustritts treu geblieben.

Die Politikerin wurde als Hildegard Brücher 1921 in Essen geboren, als drittes von fünf Geschwistern. Mit elf Jahren wurde sie Vollwaise. In den Kriegsjahren 1940 bis 1945 studierte sie Chemie in München. Sie erlebte, wie sich ihre jüdische Großmutter aus Angst vor Deportation das Leben nahm. Ihr Doktorvater förderte sie, obwohl sie laut Rassengesetzen als "Halb-Jüdin" galt. Sie war Stadträtin in München, Landtagsabgeordnete in Bayern, Staatssekretärin in Hessen, später dann Staatssekretärin im Bundesbildungs- sowie im Außenministerium in Bonn. Dem Bundestag gehörte sie von 1976 bis 1990 an. 2002 trat sie nach antisemitischen Äußerungen des damaligen FDP-Vizes Jürgen Möllemann aus der FDP aus.

"Worldwide Candle Lighting" für verstorbene Kinder am Sonntag

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Kerze steht in einem Fenster.

Foto: krockenmitte/photocase.de

Die Kerzen im Fenster erinnern an verstorbene Kinder und verbinden Hinterbliebene auf der ganzen Welt.

Am zweiten Sonntag im Dezember – dieses Jahr also am 11.12. – werden auf der ganzen Welt Kerzen angezündet und in die Fenster gestellt, um an verstorbene Kinder zu erinnern.

Das "Worldwide Candle Lighting" geht auf eine Selbsthilfevereinigung verwaister Eltern in den USA zurück, die sich "Compassionate Friends" nennt. Jedes Jahr am 2. Dezembersonntag werden weltweit in den verschiedenen Zeitzonen jeweils um 19 Uhr Kerzen angezündet, so dass das Leuchten einmal um den Globus geht. So erinnern die Flammen nicht nur an die einzelnen verstorbenen Kinder, sondern geben den Hinterbliebenen auch das Gefühl von Solidarität und Zusammenhalt.

In Deutschland wird das "Worldwide Candle Lighting" unter anderem vom Bundesverband Verwaiste Eltern und trauernde Geschwister (VEID) unterstützt. Auf der Website des Verbandes ruft der Vorstand dazu auf, in den Gedenkfeiern am 11. Dezember ebenfalls eine Kerze anzuzünden. "Sie soll den Kindern gewidmet sein, die durch Kriege, Flucht, Gewalt, Armut oder Naturereignisse gestorben sind." Der Bundesverband wünscht "all denen, die um diese Kinder trauern, Frieden und Trost in Gemeinschaft und liebevoller Zuwendung".

Theologe und Evangelist Burkhard Weber gestorben

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Burkhard Weber

Foto: Evangelistenschule Johanneum

Burkhard Weber

Der Direktor der Evangelistenschule Johanneum in Wuppertal, Burkhard Weber, ist am Montag im Alter von 62 Jahren gestorben.

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, würdigte Weber als "außerordentlich sprachfähigen Theologen" und "Evangelisten aus tiefster Überzeugung", teilte die Landeskirche in Düsseldorf mit. Weber habe sowohl biblische Texte als auch die kirchliche und gesellschaftliche Situation auslegen können, sagte Rekowski. Der Verkündigung und Seelsorge Webers habe man "die Menschenfreundlichkeit Gottes" abgespürt. Ihm persönlich sei Weber "immer wieder ein wichtiger und anregender Gesprächspartner" gewesen, so der Präses.

Burkhard Weber war den Angaben zufolge viele Jahre berufenes Mitglied der rheinischen Landessynode. Er wirkte auch im Arbeitskreis "Gespräch zwischen Landeskirche und landeskirchlichen Gemeinschaften" mit. Am Johanneum unterrichtete der Theologe Altes und Neues Testament, Kirchengeschichte und Systematische Theologie. Unter der langjährigen Leitung Webers habe sich die Evangelistenschule zu einer beispielhaften Ausbildungsstätte entwickelt, hieß es weiter. Sie lege Wert auf theologische Qualifikationen, pflege den Praxisbezug und fördere die Kreativität der Studierenden. Weber hinterlässt seine Frau und eine Tochter.

Das Johanneum ist seit seiner Gründung 1886 ein "freies Werk innerhalb der Evangelischen Kirche" und bildet für den Dienst in der Kirche und ihren Werken aus. Das Studium ist kirchlich anerkannt und bereitet unter anderem auf die Arbeit als Jugendreferent in einer Gemeinde, Gemeindediakon, Gemeindepädagoge oder Mitarbeiter in evangelischen Jugendwerken wie CVJM vor.

Ich bin krank gewesen, und ihr habt mich (nicht) besucht...

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Foto: Rike, pixelio.de

Wie steht es 35 Jahre nach der Entdeckung von HIV um die Aufklärung in der deutschen Gesellschaft? Und warum engagieren sich Kirchen, Caritas und Diakonie von Anfang an für Menschen mit HIV und Aids?

Am 1. Dezember jährte sich zum 35. Mal die "Entdeckung" des HIV-Virus. Weltweit ist der 1. Dezember zum Tag des Aids Gedenkens geworden. Rainer Hörmann hat in seinem Blogbeitrag der letzten Woche anschaulich beschrieben, welche unterschiedlichen Emotionen sich mit diesem Tag verbinden.

35 Jahre HIV und Aids, das heißt 35 Jahre leben mit der Angst vor einem frühen und hässlichen Tod, das heißt 35 Jahre Ausgrenzung und Stigmatisierung der Infizierten, das heißt aber auch 35 Jahre Solidarität der Gay Community mit ihren Kranken und Sterbenden, 35 Jahre Aufklärungsarbeit und Aids-Prävention, 35 Jahre Forschung und medizinischer Fortschritt.

Ich selber lebe seit mehr als zehn Jahren mit dem Virus, es ist ein Teil von mir geworden. Glücklicherweise freilich habe ich mich zu einer Zeit infiziert, als bereits die neue Medikamentengeneration auf dem Markt war. Hätte ich zu den frühen Infizierten gehört, ich würde wohl nicht mehr leben – oder hätte zumindest schwere körperliche Probleme, eventuell auch "nur" infolge der Nebenwirkungen der ersten Medikamentengenerationen. So aber kann ich ein alltägliches Leben führen, bin körperlichfit und belastbar. Und seitdem mehrere Studien nachgewiesen haben, dass Menschen, die sich in Therapie befinden und deren Viruslast daher unter der Nachweisgrenze ist, auch niemanden anstecken können, ist auch beim Sex die Sorge, was passieren könnte, verschwunden.

Doch manchmal gibt es Situationen, in denen ich merke, wie schnell das Virus dann doch andere irritieren und für mich selber zu einer Bedrohung werden kann. Nach einem Fahrradunfall musste in der letzten Woche der Bänderriss an meinem Daumen operativ gerichtet werden. "Sie sind Pfarrer – dann brauche ich nach Infektionskrankheiten ja nicht zu fragen…", meinte die Klinikmitarbeiterin bei der Patientenaufnahme. "Doch, doch", sagte ich, "HIV, seit Jahren therapiert und Viruslast unter der Nachweisgrenze." Ich merkte ein kurzes, überraschtes Zucken im Gesicht meines Gegenübers. So wurden die Informationen dann allerdings auch im Patientenbogen notiert: "HIV, unter Nachweisgrenze".

Die Operation verlief gut, aber kurz vor der Entlassung kam eine Assistenzärztin zu mir und bat, ob sie mir Blut abnehmen dürfe: "Eine Kollegin hat bei der Operation einen Blutspritzer auf die Wange bekommen, da wollen wir auf Nummer sicher gehen." Ich willigte ein, verbunden mit dem Hinweis, dass ja schon im Patientenbogen zu sehen sei, dass ich seit Jahren unter der Nachweisgrenze liege. Damit war die Sache für mich zunächst geregelt, doch je länger ich in den nächsten Tagen darüber nachgedacht habe, desto überraschter, um nicht zu sagen erschrockener war ich darüber, dass eine angehende Chirurgin im Jahr 35 nach HIV und Aids der Meinung sein konnte, sie werde durch einen Blutspritzer auf die Haut einer Infektionsgefahr ausgesetzt.

Wie steht es also wirklich um die HIV- und Aids-Aufklärung in unserer Gesellschaft? Und wie schnell werden wir als Infizierte dann doch wieder zu Opfern von Ausgrenzung und Stigmatisierung?

So schwer sich die Kirchen Anfang der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts in aller Regel noch mit einer Gleichstellung von Lesben und Schwulen getan haben, so engagiert haben sie doch von Anfang an Aidskranke und Sterbende betreut. Viele Aidsberatungsstellen befinden sich bis heute in Trägerschaft von Kirche, Caritas und Diakonie.

Die Diakonie Bayern hat schon in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts – und damit in den ersten Jahren der Pandemie – eine Broschüre herausgegeben, in der sie sich gegen jede Diskriminierung und Ausgrenzung von HIV-Infizierten stellt. Sie betont, dass die Begleitung von Kranken und Sterbenden zu den sieben Werken der Barmherzigkeit gehört (Mt 25). Gerade in den Anfangsjahren der Pandemie, als Menschen wirklich sehr schnell gestorben sind, haben viele durch Krankenhaus-Seelsorgerinnen und -Seelsorger, vor allem aber auch durch die Aids-Pfarrämter und ihre Seelsorgerinnen und Seelsorge Unterstützung und Begleitung erfahren. Gleichgeschlechtliche Lebenspartner wurden damals oft noch von den Familien nicht akzeptiert. Trauergottesdienste im Rahmen der Aids-Pastoral waren für sie dann oft die einzige Möglichkeit, von ihrem Partner Abschied zu nehmen. Im Laufe der Jahre sind ganz eigenständige Formen von Spiritualität entstanden, die Menschen dabei unterstützen, mit dem Virus zu leben oder mit ihren Verlusten umzugehen. Bei den jährlichen Aidsgottesdiensten lässt sich dies nach wie vor beobachten.

In Deutschland und anderen industrialisierten Ländern sind HIV und Aids heute nicht mehr lebensbedrohlich. Doch immer noch bedeutet eine HIV-Diagnose einen Schock, der Menschen aus der Bahn wirft, immer noch braucht es Unterstützung auf dem "langen Weg zurück zum Leben" (so der Titel einer aktuellen Ausstellung der Diakonie Bayern). Und immer noch braucht es offenbar auch die Aufklärungsarbeit in unserer Gesellschaft, damit Menschen mit HIV und Aids nicht ausgegrenzt und diskriminiert werden.

 

Tipp zum Weiterlesen: Aids Ü30, Werkstatt Schwule Theologie 17/2015


Trauerfeier für Hildegard Hamm-Brücher

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Hildegard Hamm-Brücher

Foto: dpa/dpa

Hildegard Hamm-Brücher ist im Alter von 95 Jahren verstorben. Das Foto zeigt sie als FDP-Staatsministerin in Genschers Außenministerium, am 01.10.1982 im Deutschen Bundestag in Bonn.

Rund 500 Menschen haben am Montag in der Münchner Lukaskirche Abschied von der langjährigen FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher genommen. An der Trauerfeier nahmen auch Bundespräsident Joachim Gauck, der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) und die Präsidentin der Jüdischen Kultusgemeinde, Charlotte Knobloch, teil. Hamm-Brücher war am 7. Dezember im Alter von 95 Jahren in München gestorben.

Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm würdigte die Politikerin in seiner Predigt als eine im besten Sinne "streitbare Protestantin", die die "Freiheit eines Christenmenschen, von der wir im 500. Jubiläumsjahr der Reformation so viel sprechen, selbst ausgestrahlt hat". Oberbürgermeister Reiter nannte Hamm-Brücher im Anschluss an die Feier eine "Grande Dame" der Demokratie. Sie habe mit ihrer politischen Pionierarbeit nach dem Zweiten Weltkrieg dafür gesorgt, "dass Politik und Demokratie in Deutschland heute dasselbe sind".

Auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) bezeichnete Hamm-Brücher als moralische Instanz und als "Beispiel für den Mut, Überzeugungen auch treu zu bleiben, wenn es stürmt". In den Gesprächen der letzten Jahre habe sie sich besorgt über den Zustand der Demokratie geäußert. Dennoch sei Hamm-Brücher immer überzeugt gewesen, dass die deutsche Gesellschaft gerade aufgrund ihrer Geschichte stark genug sei, sich gegen neuen Rassismus und religiöse Intoleranz zu wehren, sagte der FDP-Politiker.

Über den Mut und die Glaubwürdigkeit Hamm-Brüchers sprach ihr Sohn Florian Hamm. "Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass Verantwortung etwas ist, das man wirklich wollen muss - eine halbherzige Bereitschaft, sie zu übernehmen, reicht nicht aus", sagte er. Sie sei immer überzeugt gewesen, dass nur der glaubwürdig sei, der für seine Ideale hart und diszipliniert arbeite.

Hildegard Hamm-Brücher wurde 1921 als drittes von fünf Geschwistern in Essen geboren. Schon mit elf Jahren wurde sie Vollwaise. In den Kriegsjahren 1940 bis 1945 studierte sie Chemie in München. Sie erlebte in der NS-Zeit, wie sich ihre jüdische Großmutter aus Angst vor Deportation das Leben nahm. 1948 wurde Hamm-Brücher Stadträtin in München, später Landtagsabgeordnete in Bayern, dann Staatssekretärin im hessischen Kultusministerium.

Die FDP-Politikerin war Staatssekretärin im Bundesministerium für Bildung und Wissenschaft (1969-1972) und die erste Staatsministerin im Auswärtigen Amt in Bonn (1976-1982). 2002 trat sie nach 54 Jahren Mitgliedschaft wegen antisemitischer Äußerungen des damaligen FDP-Vizes Jürgen Möllemann aus der Partei aus.

Neben ihrer politischen Arbeit war Hamm-Brücher ehrenamtlich in der Kirche engagiert: Sie war Mitglied der bayerischen Landessynode wie auch der EKD-Synode und gehörte dem Präsidium des Kirchentags an.

Andenken in Berlin: Die Nacht ist vorgedrungen

"Es war eine Atmosphäre der Solidarität"

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A christmas tree lays on the street beside the empty Christmas market in Berlin

Foto: reuters/Hannibal Hanschke

Der verwüstete Weihnachtsmarkt an der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche in Berlin am Morgen (20.12.2016) nach dem Attentat.

Barbara Deml (50) ist evangelische Pfarrerin und ehrenamtlich als Notfallseelsorgerin tätig. Sie war Montagabend nach dem LKW-Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz im Einsatz. In ihrer ersten Schicht kümmerte sie sich um Menschen, die nach dem Anschlag unter Schock standen. Viele suchten verzweifelt nach Angehörigen oder Freunden. In einer zweiten Schicht betreute sie die Rettungskräfte nach deren Einsatz.

Ab wann waren Sie als Notfallseelsorgerin im Einsatz und wie haben Sie die Situation vor Ort empfunden?

Gegen viertel vor neun kam ich an. Der Breitscheidplatz war sehr hell ausgeleuchtet, und es war gespenstisch still. Die Polizei hatte den Platz um die Gedächtniskirche großräumig abgesperrt, überall flackerte Blaulicht. Als ich an der Polizeisperre anhielt und fragte, wo ich mein Auto parken kann, spürte ich den Druck, unter dem die Beamten standen. Obwohl ich noch nicht wusste, was überhaupt geschehen ist, war mir klar: Das hier ist von richtig großer Dimension.

Gleich nach Ihrer Ankunft musste sie sich bei der Einsatzleitstelle melden. Sie koordiniert die Arbeit der Seelsorgerinnen und Seelsorger. Wohin wurden Sie hingeschickt?

Ins Hotel Waldorf-Astoria. Dort hatte die Polizei nach dem Anschlag eine Betreuungsstelle eingerichtet. Als ich ankam, war nur eine weitere Seelsorgerin da, aber viele Leute warteten auf ein Gespräch. Das Hotel hat mehrere Räume zur Verfügung gestellt und das Personal hat unseren Einsatz unterstützt: Mit den Betroffenen wurde sehr einfühlsam kommuniziert, sie wurden ganz selbstverständlich mit Tee oder Kaffee versorgt. Diese Atmosphäre der Solidarität habe ich an dem Abend mehrfach erlebt.

Mehr zu Barbara Deml

Wer ist an diesem Abend zu Ihnen gekommen und worüber wollten die Menschen mit Ihnen sprechen?

Zum einen kamen Augenzeugen, die nicht verletzt worden sind. Doch das Erleben des Anschlags hat viele so traumatisiert, dass sie draußen auf dem Platz große Angst hatten. In solchen Fällen betreuen wir die Menschen bis sie von sich aus bereit sind, den geschützten Raum wieder zu verlassen. Denn unabhängig davon, ob die äußere Situation tatsächlich sicher ist oder nicht: Die Menschen müssen innerlich verarbeiten, dass sie selbst ein Teil dieses Ereignisses sind. Sie brauchen Zeit, um zu realisieren, was passiert ist. Erst dann können sie aufbrechen und sich wieder frei bewegen. Übrigens waren alle Betroffenen, die ich betreut habe, englisch- und spanischsprachig. Für sie war die Situation nach dem Anschlag doppelt schwer. Denn ihnen war nicht klar, wie die medizinische Notfallversorgung hier in Deutschland läuft. Selbst diejenigen, die Nachrichten von verletzten Angehörigen oder Freunden erhalten haben, wussten nicht wo und wie sie diese wiederfinden können.

Wie haben die Betroffenen Sie gefunden?

Die Polizei hat sie zu uns gebracht. Darunter waren viele Menschen, die nicht wussten, ob ihre Familienmitglieder oder Freunde tot sind oder schwer verletzt. An dem Abend waren sehr viele Betroffene nicht mehr über ihr Telefon erreichbar – das war ein Riesen-Problem. Unmittelbar nach dem Anschlag ist Panik ausgebrochen. Die Leute sind um ihr Leben gerannt, ihre Handys haben sie auf der Flucht verloren. Einige wurden in dem Gedrängel verletzt. Eine typische Situation nach dem Anschlag war: Von fünf oder sechs Menschen, die den Weihnachtsmarkt gemeinsam besucht haben, um dort einen schönen Abend zu verbringen, waren zwei nicht mehr da. Und sie gingen nicht ans Telefon, SMS blieben unbeantwortet. Diese Ungewissheit war für alle schwer zu ertragen.

Was fordert Sie in solchen Momenten am meisten?

Auch für uns Seelsorger ist es schwer, mit der Ungewissheit umzugehen. Sind die Menschen, die wir beraten, grundlos in Sorge? Oder werden sie eine Todesnachricht erhalten? Unter diesen Bedingungen ruhig zu bleiben und die Menschen unterstützend zu begleiten, ist schon sehr herausfordernd. Ich versuche, ihnen das Gefühl zu geben: Ihr seid nicht allein. Es gibt Handlungsmöglichkeiten, die wir gemeinsam erarbeiten.

"Alles, was Du jetzt machst, ist okay. Es ist alles erlaubt in so einer Situation"

Wie gehen Sie im Gespräch konkret vor?

Das ist ganz unterschiedlich. Mein Gegenüber gibt das Programm vor und ich docke daran an: Manchmal wollen die Leute reden – es gibt Menschen, die reden wie ein Wasserfall. Sie brauchen mich vor allem als Zuhörerin. Andere Menschen sind unter dem Schock regelrecht verstummt. Auf keinen Fall versuche ich, sie zum Reden zu zwingen. Sondern einfach für sie zu sorgen. Mit einem Tee, einem Wasser oder einem Taschentuch. Wichtig ist, miteinander in Kontakt zu kommen. Über Blicke oder auch über eine Berührung. Ebenso wichtig ist, dem Gegenüber zu vermitteln: Alles, was Du jetzt machst, ist okay. Es ist alles erlaubt in so einer Situation.

Gab es unter den betroffenen Angehörigen eigentlich wütende Reaktionen oder Hass auf den oder die mutmaßlichen Täter? Spielte das an dem Abend eine Rolle?

Nein, überhaupt nicht. Das war unter den Betroffenen kein Thema. Ich hatte eher das Gefühl, dass die Menschen sich in dieser Situation näher gekommen sind und sich Halt gegeben haben. Das gilt auch für die Rettungskräfte und Betreuer. Zwei Vertreter der Jüdischen Gemeinde kamen auf eigene Initiative in die Notfallseelsorge und haben uns ihre Hilfe angeboten. Außerdem waren muslimische Seelsorgerinnen und Seelsorger gemeinsam mit uns im Einsatz. Die arbeiten zwar eigenständig, werden aber auch von unserer Einsatzleitstelle koordiniert. Und eine Ärztin, die vor dem Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt unterwegs war, hat sich spontan um Menschen gekümmert und bei kleineren Verletzungen erste Hilfe geleistet.

Wie unterstützen Sie die Rettungskräfte nach dem Einsatz?

Was an dem Abend sehr belastend war: Die meisten Toten konnten nicht identifiziert werden. Der Zustand der Leichen war schlimm. Sie waren so zerstört, dass einzelne Körperteile nicht mehr zugeordnet werden konnten. Bei diesem Thema habe ich an dem Abend auch meinen persönlichen Glauben mit in die Gespräche eingebracht. Denn ich bin überzeugt, dass die Würde eines Menschen nicht von seinem körperlichen Zustand abhängt. Selbst dann, wenn eine Leiche nicht mehr identifizierbar ist: Die Würde einer Person liegt jenseits ihrer Versehrtheit. Ich hoffe, dass dieser Glaube auch Rettungskräfte und Angehörige trösten und stärken kann.

Wie verarbeiten Sie selbst das Erlebte?

Wenn ich nach so einem Einsatz nach Hause komme, habe ich so eine Art "Ritual", um selbst zur Ruhe zu kommen. Ich gehe nicht gleich zu Bett, sondern setze mich noch einen Moment, manchmal mit einer Kerze, allein hin und überdenke die letzten Stunden, versuche das Erlebte auch spirituell zu verarbeiten. Dabei rufe ich mir die Menschen ins Gedächtnis, denen ich begegnet bin und stelle mir vor, ihr Leid und ihr Schicksal Gott zu übergeben. Es geht also um das "Loslassen". Wir Seelsorgerinnen und Seelsorgern bekommen aber auch eine Nachsorge; nach einem großen Einsatz gibt es das Angebot von Seelsorge und Nachgespräch durch die Leitung der Notfallseelsorge.

Erinnerung an Opfer der Tsunami-Katastrophe vor zwölf Jahren

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Mit Gebeten und Gedenkzeremonien haben Menschen in Ländern am Indischen Ozean der Opfer der Tsunami-Katastrophe vor zwölf Jahren gedacht. Lokalen Medienberichten vom Montag zufolge versammelten sich in der indonesischen Provinz Aceh auf der Insel Sumatra sowohl Familienmitglieder als auch Angehörige der Provinzregierung und verstreuten Blumen über Massengräbern. In den Moscheen wurde für die Opfer der Flutkatastrophe gebetet. Zugleich würdigten viele den damaligen Einsatz einheimischer und ausländischer Helfer.

Behördenvertreter erklärten, es sei das Ziel, das regionale Katastrophenmanagement ständig zu verbessern. Auf diese Weise solle verhindert werden, dass es bei möglichen weiteren Naturkatastrophen erneut Tote und Verletzte gibt. 

Die Tsunami-Flutwellen vom 26. Dezember 2004 waren durch ein Beben der Stärke 9,1 vor der Insel Sumatra ausgelöst worden. In Indonesien, Thailand, Sri Lanka, Indien und weiteren Staaten kamen mindestens 230.000 Menschen ums Leben. Indonesien war das am schwersten betroffene Land: Allein in der Provinz Aceh starben etwa 170.000 Bewohner.

 
Auch in Thailand wurde der Toten und Verletzten in religiösen Zeremonien gedacht. Unter anderem wurden buddhistischen Mönchen Opfergaben dargeboten. In den sechs damals vom Tsunami schwer verwüsteten südlichen Provinzen waren nach offiziellen Angaben mindestens 5.400 Menschen ums Leben gekommen. Fast die Hälfte davon waren ausländische Urlauber, darunter mehr als 500 Deutsche.

Theologe Trutz Rendtorff im Alter von 85 Jahren gestorben

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Der international renommierte evangelische Theologieprofessor und Sozialethiker Trutz Rendtorff ist tot. Er starb im Alter von 85 Jahren an Heiligabend nach längerer schwerer Krankheit in München, wie das Dekanat der evangelisch-theologischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Dienstag mitteilte.

Rendtorff gehörte jahrzehntelang zu den einflussreichsten Stimmen der evangelischen Kirche. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte ihn als "eine der prägenden Gestalten der Deutschen Sozialethik nach dem Krieg".

Von 1968 bis 1999 lehrte der aus Schwerin stammende Rendtorff in München Systematische Theologie. Als führender Sozialethiker prägte er lange das Verhältnis von Kirche und Staat und beschrieb ethische Grundpositionen der Kirche. 


Als langjähriger Vorsitzender der Kammer für öffentliche Verantwortung der EKD habe Rendtorff wichtige inhaltliche Impulse für grundlegende Positionspapiere der EKD gegeben, fügte Bedford-Strohm hinzu. So brachte er zum Beispiel die Friedensdenkschrift (1981), die Demokratiedenkschrift (1985) und die Wirtschaftsdenkschrift (1991) mit auf den Weg. Der EKD-Ratsvorsitzende sagte, er sei "dankbar für allen persönlichen Austausch und alle wohlwollende Begleitung, die ich von ihm bis ins hohe Alter erfahren durfte". 

In der EKD-Synode und der Synode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschland (VELKD) setzte sich der liberale Theologe für ein offenes Christentum und einen Protestantismus als "Institution der Freiheit" ein. Die Theologie war für ihn ein "geistvoller Umgang mit dem Leben".  Als "liberalen Kulturprotestanten" bezeichnete ihn der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf (München) in einem Nachruf der "Neuen Zürcher Zeitung" (Online). 

Trat für öffentliche Verantwortung der Kirche ein

Rendtorff wurde in eine Theologenfamilie hineingeboren. Sein Urgroßvater war Sekretär von Johann Hinrich Wichern, dem Begründer des evangelischen Sozialwesens in Deutschland. Sein Vater Heinrich war Landesbischof von Mecklenburg und stand der "Bekennenden Kirche" nahe. Weil Rendtorff überzeugt war, dass Glaube niemals Privatsache sein dürfe, trat er immer für die öffentliche Verantwortung der Kirche ein. Als erster protestantischer Theologe wurde er 1993 in den Senat der Max-Planck-Gesellschaft berufen. 

In den ethischen Auseinandersetzungen um die beginnende Gentechnik sprach sich der Sozialethiker nicht für starre Abgrenzung, sondern für eine kritische Begleitung durch die Kirche aus. Das von ihm mitbegründete Institut "Technik-Theologie-Naturwissenschaft" an der Universität München ist seit Jahren dem Dialog zwischen Kirche und Wissenschaft verpflichtet.

Rendtorff plädierte im Gegensatz zur amtskirchlichen Position für eine Forschung an bereits existierenden embryonalen Stammzellen. Auch zu gesellschaftlichen Streitfragen hatte er eine klare Position: Eine homosexuelle Partnerschaft sei unvereinbar mit dem Pfarrerberuf, erklärte er vor einigen Jahren.

(His) Last Christmas

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George Michael

Foto: www.georgemichael.com

Am ersten Weihnachtsfeiertag ist eine weitere Musik-Ikone gestorben: George Michael. Ein Nachruf von Wolfgang Schürger.

Last Christmas - vermutlich gab es kaum einen Weihnachtsmarkt, auf dem dieser Song nicht irgendwann zu hören war. Vielleicht das Original, vielleicht in irgendeiner schnulzigen Coverversion. Für seinen Autor, George Michael, war dieses Weihnachtsfest sein letztes. Am 25. Dezember ist der Sänger gestorben.

Für viele gehört er zu den großen Musik-Ikonen des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Kaum ein Dancefloor der 80er und 90er Jahre, auf der seine Hits nicht zu hören gewesen wären – und das gilt nicht nur für die schwulen Partys... Zu Wake me up, before you go-go strömten wir genauso auf die Tanzfläche wie zu I want your sex, baby oder Kissing a Fool. Liebe, Sex und dramatische Beziehungen waren allgegenwärtig in den frühen Texten von George Michael. Für uns Schwule Männer bot er damit natürlich ideale Projektionsflächen für unsere eigenen Sehnsüchte und Enttäuschungen. Ob er schwul war, darüber spekulierten in den 80er Jahren viele. Er selber verstand sich damals wohl noch als bisexuell, was sich allerdings änderte, nachdem er 1991 seinen späteren Lebensgefährten, den Brasilianer Anselmo Feleppa, kennen lernte.

Es ist aber beeindruckend zu sehen, wie Michael von Anfang an in seinen Texten mit den sexuellen Orientierungen spielt. Natürlich macht es ihm das Englische hier einfach, weil unbestimmte Pronomen wie "someone" keine eindeutige geschlechtliche Zuordnung haben. Dennoch: welcher schwule Mann wäre je nicht auf die Vorstellung gekommen, dass Michael in Last Christmas sein Herz nach der enttäuschenden Erfahrung des letzten Jahres im nächsten Jahr an einen ganz besonderen Mann verschenken wird!?

Nur kurz, nachdem die beiden sich kennengelernt haben, erfährt Anselmo, dass er mit HIV infiziert ist – Anfang der 90er Jahre bedeutet dies, dass er keine allzu lange Lebensperspektive mehr hat. Er stirbt 1993. George Michael verarbeitet seine Trauer in dem Lied Jesus to a Child: I guess You heard me cry. You smiled at me Like Jesus to a child. I'm blessed I know Heaven sent And Heaven stole. You smiled at me Like Jesus to a child. And what have I learned From all this pain I thought I'd never feel the same About anyone Or anything again. But now I know When you find love When you know that it exists Then the lover that you miss Will come to you on those cold, cold nights.

Ein öffentliches Outing gibt es in der Zeit des Zusammenlebens mit Anselmo nicht, auch wenn das Paar in Freundeskreis und Familie offen unterwegs ist. Die Fans spekulieren weiter über George Michaels sexuelle Orientierung… Gewissheit erhalten sie erst im April 1998, als George Michael in einer als Schwulen-Treff bekannten öffentlichen Toilette an einen als Köder eingesetzten Polizeibeamten gerät und wegen "unsittlichen Verhaltens" verurteilt wird. Auch diese Erfahrung verarbeitet George Michael musikalisch: Er schreibt Outside und dreht ein Musikvideo dazu, in dem unter anderem Verhaftungen wegen "unsittlichen Verhaltens" und zwei sich küssende Polizisten zu sehen sind. Der Polizist Marcelo Rodriguez, der Michael verhaftet hat, sieht sich durch das Video verspottet und beanstandet die Aussagen Michaels, er habe ihm eine Falle gestellt und seinen Penis gezeigt. Er verlangt Schadenersatz für erlittene Erniedrigung, emotionalen Stress und ärztliche Behandlung sowie eine zusätzliche Strafzahlung und die Übernahme der Gerichtskosten. Die Klage wird im Jahr 2000 erstinstanzlich, im Jahr 2002 letztinstanzlich abgewiesen.

Im 21. Jahrhundert werden George Michaels Lieder ruhiger, aber deswegen nicht weniger hörenswert. Das Album Patience aus dem Jahr 2004 wird zu einem Riesenerfolg. Darin enthalten unter anderem Shoot the Dog, ein Lied über George W. Bush und Tony Blair - in dem dazu aufgenommenen Musikvideo wird Blair als ein Hund dargestellt, der dem amerikanischen Präsidenten überall hin folgt. Political Correctness was sicher nie ein Ziel von George Michael, gerade deswegen engagierte er sich ab den neunziger Jahren auch immer wieder im Kampf gegen HIV und Aids und gegen die Ausgrenzung und Diskriminierung infizierter Menschen. Immer wieder finden sich in seine Songs auch religiöse Anspielungen – in Jesus to a Child war das bereits deutlich zu erkennen. Gesellschaftskritik und Glaube verbinden sich für mich in wunderbarer Weise in seinem Praying for Time aus dem Jahr 1990, dass doch gleichzeitig erschreckend aktuell ist:

Do you think we have time? Do you think we have time?

These are the days of the open hand. They will not be the last. Look around now. These are the days of the beggars and the choosers.

This is the year of the hungry man Whose place is in the past Hand in hand with ignorance And legitimate excuses.

The rich declare themselves poor And most of us are not sure If we have too much But we'll taking our chance to say. I sang twenty years and a day But nothing changed The human race found some other guy And walked into the flame

And it's hard to love, there's so much to hate. Hanging on to hope When there is no hope to speak of And the wounded skies above say it's much too late. Well maybe we should all be praying for time.

Doo oh oh

Do you think we have time? Do you Do you think we have time?

These are the days of the empty hand. Oh, you hold on to what you can And charity, charity is a coat you wear twice a year.

This is the year of the guilty man. Your television takes a stand And you find that what was over there is over here.

So you scream from behind your door Say what's mine is mine and not yours I may have too much but I'll take my chances. I sang twenty years and a day 'Cause nothing changed The human race found some other guy And walked into the flames.

It's hard to love, Jesus, there's so much to hate Hanging on to hope, there is no hope to speak of And the wounded skies above say it's much too late. Then maybe we should all be praying for time.

Doo doo doo Do you think we have time? Do you Do you think we have time?

Lord, give us time!

Herr, schenke uns Zeit! Zeit für Mitmenschlichkeit, Zeit, den verwundeten Himmel - und die verwundete Erde - zu heilen, Zeit einander zu lieben in Zeiten des Unfriedens. Ein wunderbares Vermächtnis des großen Sängers, der selber nun Zeit in Gottes Ewigkeit gefunden hat.

Töne des Lebens

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Komponist schreibt Trauermusik auf Bestellung
 Der Musiker Alexander Paprotny bietet an, in seinem Tonstudio ein Abschiedslied zu arrangieren.

Foto: epd-bild/Christoph Keller

Der Musiker Alexander Paprotny bietet an, in seinem Tonstudio ein Abschiedslied zu arrangieren.

Schon Mozart verdiente Geld, indem er Trauermusik komponierte. Der Musiker Alexander Paprotny aus Buxtehude greift diese Idee auf: Wer will, kann sich von ihm eine individuelle Abschiedsmusik für die eigene Beerdigung arrangieren lassen.

Eine Pop-Ballade, die die komplizierte Liebesgeschichte des Verstorbenen erzählt. Eine Big Band, die den vergnügten Charakter des Toten mit Saxophon-Soli Revue passieren lässt. Oder, für den ganz großen Abgang, ein siebenteiliges Requiem, eingespielt von einem Orchester, das emotionale Höhen und Tiefen präzise in Noten übersetzt. Der Musiker Alexander Paprotny bietet an, individuelle Musikstücke zum Gedenken an Verstorbene zu komponieren.

Wer seiner eigenen Beerdigung eine besondere Note verleihen oder seinen Angehörigen ein außergewöhnliches Erinnerungsstück hinterlassen möchte, kann den 30-Jährigen beauftragen, in seinem Tonstudio in Buxtehude ein Abschiedslied zu arrangieren. In der Literatur gebe es geschriebene Biografien, sagt Paprotny: "Ich erzähle Lebensgeschichten musikalisch." Zusammen mit seiner Frau hat er 2015 das Start-up "Your Requiem" gegründet.

"Es ist eine Gelegenheit, sein Leben zu reflektieren"

Einen Auftrag hatte der Musiker, der auch Kompositionen für Hamburger Independent-Filme schreibt, bisher noch nicht. Zwar seien viele Anfragen bei ihm eingetroffen, eine Bestellung war aber nicht darunter. "Es ist natürlich ein sehr hochpreisiges Produkt", gibt Paprotny zu. Je nach Aufwand lägen die Kosten im oberen vierstelligen Bereich. Und ein weiteres Hemmnis sieht er: "Der Mensch wird nicht gerne mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert."

Der Musiker ist dennoch von seiner Idee überzeugt: "Es ist eine Gelegenheit, sein Leben zu reflektieren", sagt er. Dabei sollten vor allem Gefühle im Vordergrund stehen - und Fragen: Wie habe ich gelebt? Was bleibt nach dem Tod von mir?

Musik war schon immer ein wichtiges Element bei Begräbnissen, wie Reiner Sörries erklärt, der ehemalige Leiter des Sepulkralmuseums in Kassel: "Trauer war nie stumm." Schon die Klageweiber im Alten Ägypten begleiteten die Festumzüge bei Trauerfeiern mit lautem Zetern, Gesang und Tanz, sagt der Theologe.

Bekannte Abschiedlieder wie "Candle in The Wind"

Später verdienten Komponisten wie Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791) mit Auftragsarbeiten zum Totengedenken Geld. Eines seiner berühmtesten Werke, das Requiem in d-Moll, bleibt unvergessen: 55 Minuten mit vierstimmigem Chor, dramatischem Sologesang, Streichern, Bläsern, Pauken und einer Orgel.

Zu den bekanntesten Abschiedsliedern auf heutigen Beerdigungen zähle Elton Johns "Candle In The Wind", sagt Sörries. Dessen Auftritt bei der Beerdigung von Lady Di 1997 habe dazu geführt, dass zunehmend Unterhaltungsmusik auf Beerdigungen Einzug hielt. Noch 2015 rangierte der Song nach einer Umfrage des Informationsportals www.bestattungen.de in der Hitliste der meistgespielten Songs auf Trauerfeiern unter den Top 3.

Die Idee, sich eine eigene Hymne schreiben zu lassen, sieht Sörries jedoch skeptisch. Immer wieder fänden Unternehmen Nischen, um am riesigen Markt der Bestattungsbranche teilzuhaben und mit dem Leid der Hinterbliebenen Geld zu machen, kritisiert er. Totenmasken und Schmuckstücke mit den Fingerabdrücken des Verstorbenen seien nur zwei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit. Und jetzt Abschiedslieder?

Paprotny ist Kritik an seiner Idee gewohnt. Manche würfen ihm vor, aus dem Tod eines Menschen künstlerisch und finanziell ein Geschäft zu machen, sagt der studierte Medienkomponist. Er selbst findet das Angebot überhaupt nicht morbide - schließlich richte es sich an lebende Personen, die noch ein paar Jahre vor sich hätten, und nicht an trauernde Angehörige. "Es ist nicht realistisch, in dem kurzen Zeitraum von Tod und Beerdigung ein Stück zu produzieren."

Oliver Wirthmann vom Bund Deutscher Bestatter in Düsseldorf hält die Idee, sich einen persönlichen Abschiedssong schreiben zu lassen, zwar für extravagant. Individuelle Trauermusik biete aber die Möglichkeit, die "Töne des Lebens" in die eigene Abschiedsfeier einzubringen, sagt der Theologe. Dabei müsse man allerdings beachten, dass manche Titel unpassend wirken könnten oder womöglich nicht von allen Gästen verstanden würden.

Auch der Musikpsychologe Christoph Louven von der Universität Osnabrück warnt: "Die Trauerfeier ist für die Hinterbliebenen da." In einer wissenschaftlichen Studie zur musikalischen Gestaltung von Trauerfeiern hat er zusammen mit Christian Lange 2012 herausgefunden: Auch ohne individuell produzierte Abschiedsstücke ist die Musikauswahl bei Bestattungen schon jetzt hochgradig individuell. Von den 112 Musikstücken in den 44 untersuchten Trauerfeiern sei ein Großteil nur maximal zwei Mal gespielt worden.

Für sein eigenes Requiem hat Paprotny schon allerlei Ideen. Bis er es komponiere, müssten aber noch mindestens 20 Jahre verstreichen, sagt der 30-Jährige. Zu früh im Leben dürfe man das Werk nicht schreiben. "Nicht, dass ich das Stück nach ein paar Jahren updaten muss."


Roman Herzog gestorben - Kirchen würdigen sein Engagement

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Roman Herzog, ehemaliger Bundespräsident, verlässt am 30.03.2016 die Stiftskirche in Stuttgart  nach einem Trauergottesdienst für den verstorbenen ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, Lothar Späth.

Foto: dpa/Christoph Schmidt

Roman Herzog war von 1994 bis 1999 Bundespräsident.

Der frühere Bundespräsident Roman Herzog ist tot. Er starb in der Nacht zu Dienstag im Alter von 82 Jahren, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte. Unter anderem würdigten die Spitzenrepräsentanten der Kirchen in Deutschland Herzogs Engagement für das Gemeinwesen.

Bundespräsident Joachim Gauck kondolierte der Witwe Alexandra Freifrau von Berlichingen. Er würdigte Herzog als "markante Persönlichkeit", die das Miteinander in der Gesellschaft geprägt und gestaltet und sich damit um das Land verdient gemacht habe

Roman Herzog war von 1994 bis 1999 der siebte Bundespräsident. Der 1934 in Landshut geborene Politiker und Jurist war zuvor Kultus- und Innenminister in Baden-Württemberg sowie Vize-, später Präsident des Bundesverfassungsgerichts. In Erinnerung ist vor allem Herzogs "Ruck-Rede". Als Staatsoberhaupt führte Herzog zudem den Gedenktag für die Opfer des Holocaust am 27. Januar ein.

"Roman Herzog hat das demokratische Selbstverständnis und die politische Kultur Deutschlands maßgebend mitgeprägt", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, am Dienstag. Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, nannte Herzog einen "ermutigenden Menschen", der Hoffnung und Zuversicht vermittelt habe.

Der bayerische Landesbischof Bedford-Strohm sagte, Herzog habe stets deutlich werden lassen, "dass sein Engagement, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen, in seinem Glauben wurzelte. Man spürte sein Gottvertrauen." Die evangelische Kirche sei dem verstorbenen Juristen besonders dankbar für seinen Einsatz als Vorsitzender der Kammer für Öffentliche Verantwortung von 1971 bis 1980 und als Mitglied in der Synode der EKD von 1973 bis 1991.

Der Münchner Kardinal Marx sagte, Herzog habe in prägenden Rede die grundlegenden Probleme der Gesellschaft benannt. Besonders in Erinnerung geblieben sei seine Rede im Jahr 1997 geblieben, in der er von einem Ruck sprach, der durch Deutschland gehen müsse. "Seine Erwartungen an die Gesellschaft von damals sind heute aktueller denn je", sagte Marx: Eine von Ängsten erfüllte Gesellschaft werde unfähig zu Reformen und damit zur Gestaltung der Zukunft.

Charleston-Schütze Dylann Roof zum Tode verurteilt

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Dylann Roof nach seiner Festnahme am 18.06.2015 in Shelby.

Foto: dpa/Chuck Burton

Dylann Roof nach seiner Festnahme am 18.06.2015 in Shelby.

Er platzte in eine Bibelstunde in Charleston und eröffnete das Feuer: Dylann Roofs Mord an neun Menschen hat weit über die USA hinaus viele Menschen bewegt. Dafür soll Roof nun mit dem Leben bezahlen.

Ein US-Bundesgericht hat den Todesschützen von Charleston zum Tode verurteilt. Dylann Roof solle für die Ermordung von neun schwarzen Gläubigen in einer Kirche mit dem Leben bezahlen und per Todesspritze hingerichtet werden, entschied eine Jury am Dienstag in Charleston. Es ist das erste Mal, dass ein US-Bundesgericht einen Menschen wegen eines Hassverbrechens zum Tode verurteilt.

Der 22-jährige Weiße, der sich selber als Rassist bezeichnet, hatte sich zu der Tat ausdrücklich bekannt. Er war in 33 Punkten angeklagt, unter anderem wegen Mordes und Hassverbrechens. Er wurde bereits im Dezember in allen Punkten schuldig gesprochen.

Roof hatte mehr als 70 Mal auf seine Opfer gefeuert. Staatsanwalt Jay Richardson hatte an die kaltblütige Vorgehensweise Roofs erinnert: "Er hat sich entschieden, neun gute und unschuldige Frauen und Männer hinzurichten (...), aus gefühllosem Hass auf ihre Hautfarbe."

Im Prozess hatten Überlebende die Tat in bewegenden Worten geschildert. Als Bilder der Tat gezeigt wurden, brachen Mitglieder der Jury in Tränen aus.

Das Video einer Sicherheitskamera zeigt Roof am Abend des 17. Juni 2015 beim Betreten und Verlassen der Emmanuel-Kirche. Er hatte ausgesagt, sich fast nicht getraut zu haben - dann aber habe er sich doch entschlossen. Er betrat die Kirche und feuerte mit seiner Pistole auf die wehrlosen Gläubigen. Roof gestand bereits bei seiner Festnahme einen Tag nach der Tat ohne Umschweife. Während des Verfahrens vorgebrachte Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit wischte er selbst beiseite.

Roof hatte vor der Tat im Internet ein Pamphlet zu seinen rassistischen Motiven veröffentlicht. Mehrmals war er zu der Kirche gegangen, um den Ort auszukundschaften. Er hatte auch mehrfach Freunden gegenüber geäußert, dass er Afroamerikaner töten wolle.

Krieg zwischen Schwarz und Weiß anzetteln

Später sagte Roof, er habe einen Krieg zwischen Schwarz und Weiß anzetteln wollen: "Mit einer geplanten, durchdachten, schrecklichen Attacke". Von dem Geld, das er zu seinem 21. Geburtstag von seinen Eltern bekam, kaufte er sich die Schusswaffe, Kaliber 45.

Die Verteidigung hatte davon abgesehen, Roofs Unschuld beweisen zu wollen. Stattdessen versuchte sie, ihn als Einzelgänger zu zeichnen, der von rassistischer Hetze im Internet irregeleitet wurde.

Aus vielen rassistischen Zwischenfällen der vergangenen Jahre in Amerika ragte Dylanns entsetzliche Tat heraus. Sie löste über die USA hinaus Entsetzen aus. Sie bewegte US-Präsident Barack Obama dazu, bei einer Gedenkfeier für die Opfer das "Amazing Grace" zu singen, eine Hymne der Schwarzen-Bewegung.

Mit dem "Wünschewagen" zum letzten Blick aufs Meer

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Der "Wünschewagen" des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB).

Foto: epd-bild/Andrea Enderlein

Schwerstkranke Menschen können sich mit dem "Wünschewagen" des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) noch einmal im Leben zu einem Ort ihrer Wahl fahren lassen.

Manche Menschen, die nur noch kurze Zeit zu leben haben, wollen noch einmal zur Nordsee, zu einer letzten Familienfeier oder einem Konzert der Lieblingsband. Die "Wünschewagen" des Arbeiter-Samariter-Bundes machen eine solche Fahrt möglich.

Die medizinische Ausrüstung ist hinter Schranktüren versteckt. Möglichst wenig soll auf einen Krankenwagen hindeuten. Stattdessen bietet der von einer Spezialfirma ausgebaute "Wünschewagen" des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) getönte Scheiben für den Rundumblick auf die Landschaft, einen Bildschirm, um von der Liege aus DVDs anzuschauen, und sogar eine Minibar. Gäste werden befördert, keine Patienten. Das ungewöhnliche, aus Spenden finanzierte Projekt des Wohlfahrtsverbands ermöglicht schwerstkranken Menschen noch einmal eine Fahrt zu einem Sehnsuchtsort.

"Während der Fahrt soll nichts an die Krankheit erinnern", sagt Dirk Beyer vom Samariter-Bund in Worms, wo ab dieser Woche ein weiterer Wagen für das Bundesland Rheinland-Pfalz stationiert sein wird. Nach niederländischem Vorbild war das Projekt 2014 in Nordrhein-Westfalen gestartet. Andere ASB-Landesverbände, darunter Bayern, Brandenburg und Berlin, nahmen in der Folgezeit ebenfalls "Wünschewagen" in Dienst.

Tina Volz koordiniert seit vergangenem Herbst die Einsätze in Baden-Württemberg. Die ersten Wunschfahrten haben dort bereits stattgefunden. Ein Ehepaar reiste zwei Wochen vor dem Tod des Mannes im "Wünschewagen" noch einmal quer durch die Republik bis an die Nordseeküste nach St. Peter-Ording. Für einen anderen Gast organisierten die ehrenamtlichen Helfer eine Fahrt vom Hospiz zu einer Familienfeier und zurück. Auch ein Besuch beim Fußballspiel des Lieblingsvereins oder eine Reise zu einem für die eigene Biografie zentralen Ort kann möglich werden.

Ab dem ersten Telefonanruf spüre sie "pure Dankbarkeit" bei den Kranken und ihren Angehörigen, sagt die Projektleiterin. "Die Leute entwickeln unheimliche Kräfte, manche stehen aus dem Rollstuhl auf und gehen die letzten Schritte bis zum Meer allein." Aber - und auch das gehöre zur Wahrheit - auf die Euphorie vor und während des glücklichen Tages mit dem "Wünschewagen" folge bei vielen Fahrgästen die Niedergeschlagenheit danach. Den Menschen werde bewusst, dass der letzte große Wunsch nun erfüllt sei.

Bevor der "Wünschewagen" auf Fahrt geht, muss ein Arzt die Transportfähigkeit des Fahrgasts bestätigen. Bei der Vorbereitung erkundige sie sich für den Fall der Fälle auch nach einer Patientenverfügung, berichtet Tina Volz. Ansonsten gebe es kaum Dinge, die nicht machbar seien: "Wir können jemanden mit der Trage bis ins Meer rollen." Auch eine Schmerz-Pumpe könne mitgenommen werden. Manche "Wünschewagen" fahren sogar ins benachbarte Ausland, wovon die Mannheimer wegen möglicher sprachlicher und rechtlicher Probleme bei plötzlichen medizinischen Notsituationen bislang Abstand nehmen.

Mehr als 30 ehrenamtliche Helfer

In einigen Fällen habe die geplante Fahrt nicht mehr stattgefunden, weil die Interessenten bereits vorher starben, sagt die Projektleiterin. Dabei sind die mehr als 30 ehrenamtlichen Helfer in Mannheim ziemlich schnell mit den Vorbereitungen: Ein schwer erkrankter Professor habe sich an einem Freitag gemeldet und bereits am Montag seine Wunschreise antreten können. Der Wissenschaftler wollte vor seinem Tod noch einmal ins baden-württembergische Generallandesarchiv, um sich mit Fachkollegen auszutauschen.

Eine Gesellschaft dürfe nicht vergessen, dass auch schwerkranke Menschen in der letzten Lebensphase noch Wünsche hätten, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin und "Wünschewagen"-Schirmherrin Malu Dreyer (SPD) am Donnerstag bei der Vorstellung des Fahrzeugs in Mainz. An allen Fahrten nehmen neben dem Fahrgast und seiner Begleitung auch zwei ehrenamtliche Helfer teil, von denen einer eine Ausbildung zum Rettungssanitäter absolviert hat. Für die Fahrgäste ist die Nutzung des Wünschewagens völlig kostenlos, selbst bei aufwendigeren Reisen, die für die Begleiter Zwischenübernachtungen erforderlich machen.

Gedenken an Opfer des Berliner Weihnachtsmarkt-Anschlags

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Notfallseelsorger stehen am 16.01.2017 in Berlin in der Gedächtniskirche während eines Friedensgebets im Gedenken an die Opfer vom Breitscheidplatz.

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Friedensgebet in der Gedächtniskirche in Berlin im Gedenken an die Opfer vom Breitscheidplatz.

Vier Wochen nach dem Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche ist am Montagabend mit einem Friedensgebet und einem Gottesdienst an die Opfer erinnert worden. "Wir bitten für alle, die getötet wurden", hieß es am Ort des Anschlags beim ökumenischen Friedensgebet in der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche: "Wir denken an den Schmerz jener, die Angehörige und Freunde verloren haben."

Vor dem Friedensgebet, zu dem unter anderem die Berliner evangelische Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein eingeladen hatte, läuteten zehn Minuten lang die Glocken der Gedächtniskirche. Es dürfe nicht hingenommen werden, wenn im Namen der Religion Gewalttaten gerechtfertigt oder Menschenrechte verletzt werden, hieß es in dem Friedensgebet. Gewalt wie der Terroranschlag von Berlin dürfe nicht zu einer Spirale des Hasses führen, sondern müsse mit Engagement für den Frieden beantwortet werden. In der Gedächtniskirche wurde auch an das Engagement der Helferinnen und Helfern bei der Polizei, der Notfallseelsorge, den Rettungskräften und Krisendiensten erinnert, die am Abend des Anschlags und in den Tagen danach im Einsatz waren.

Tausende Menschen haben nach Angaben der evangelischen Gemeinde in den vergangenen vier Wochen vor der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche den Opfern des Terroranschlags am Breitscheidplatz gedacht. Wie Gemeindepfarrer Martin Germer am Dienstag sagte, legten allein 7.000 bis 10.000 Menschen Kerzen, Blumen sowie mehr als 700 Plakate und Briefe nieder. Diese will der Berliner Senat laut Germer nun zu einem Buch binden lassen. Bis Donnerstag haben Besucher noch Gelegenheit, sich in das in der Kirche ausliegende Kondolenzbuch einzutragen. Anschließend soll es in der Gedächtniskirche aufbewahrt werden. Der Pfarrer sprach sich dafür aus, dass es auf dem Gelände der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche künftig einen zentralen Ort der Trauer geben soll. Wann und von wem über einen geeigneten Platz entschieden werde, müsse sich noch aus Gesprächen ergeben, so Germer.

Bei dem Anschlag mit islamistischem Hintergrund wurden am 19. Dezember 2016 zwölf Menschen getötet und mehr als 50 teils schwer verletzt. Der Attentäter Anis Amri, der mit einem zuvor entführten Lkw in die Menschenmenge fuhr, wurde später in Italien bei einer Polizeikontrolle erschossen.

Abschied von Roman Herzog

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Bundespräsident Joachim Gauck verneigt sich vor dem Sarg des verstorbenen, ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog am 24.01.2017 beim Staatsakt im Dom in Berlin.

Foto: Guido Bergmann/Bundesregierung/dpa

Bundespräsident Joachim Gauck verneigt sich vor dem Sarg des verstorbenen, ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog beim Staatsakt im Dom in Berlin.

Mit einem Staatsakt nehmen die politischen Spitzen des Landes am Dienstag in Berlin Abschied von dem früheren Bundespräsidenten Roman Herzog

Mit einem Trauergottesdienst und einem Staatsakt haben die Spitzen des Landes und politische Weggefährten am Dienstag Abschied vom früheren Bundespräsidenten Roman Herzog genommen. Bei den Feierlichkeiten im Berliner Dom mit anschließendem militärischen Ehrengeleit waren alle Verfassungsorgane des Staates vertreten, darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert (beide CDU) und Bundesratspräsidentin Malu Dreyer (SPD). Bundespräsident Joachim Gauck erinnerte an Herzogs "Ruck-Rede" und das damit verbundene Plädoyer zum Mut zu Veränderung.

Herzog, der von 1994 bis 1999 Bundespräsident war, war am 10. Januar im Alter von 82 Jahren gestorben. Gauck erinnerte an dessen Werben für Innovationen und Reformen. Er habe in seinen Reden immer wieder Türen für neues Denken aufgestoßen, sagte Gauck in seiner Ansprache. Außerdem würdigte Gauck Herzogs Nüchternheit und Bürgernähe. Jeder Pomp, Überschwang sowie devote Staats- und Autoritätsgläubigkeit seien ihm erkennbar fremd gewesen. Er habe nicht anders gekonnt, "als aus allem allzu Aufgeblasenem die Luft herauszulassen", sagte Gauck.

Bedford-Strohm: Herzog als "Botschafter der Versöhnung"

Nach dem Tod der Altbundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Walter Scheel habe er zum dritten Mal in seiner Amtszeit die traurige Pflicht, einen Vorgänger im Amt zu verabschieden, ergänzte der amtierende Bundespräsident. "Es scheint, als seien diese Abschiede auch so etwas wie endgültige Abschiede von der alten Bundesrepublik", sagte Gauck.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte Herzog in seiner Predigt als "Botschafter der Versöhnung". Als Bundespräsident habe er sich in besonderer Weise für die Verständigung mit den östlichen Nachbarn Deutschlands eingesetzt. Zudem erinnerte der bayerische Landesbischof an Herzogs Initiative zur Einführung des Gedenktags für die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Januar.

Gauck: Herzogs "Ruck" ist sprichwörtlich geworden

Er habe damit eine Erinnerungskultur unterstrichen und gestärkt. Herzog habe "die Liebe zum eigenen Land nicht mit Selbstrechtfertigung und Verdrängen der eigenen dunklen Seiten verwechselt", sagte Bedford-Strohm. Herzog war selbst engagiert in der evangelischen Kirche. Von 1973 bis 1991 war er Mitglied der EKD-Synode, von 1971 bis 1980 Vorsitzender der Kammer für Öffentliche Verantwortung.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, erinnerte an Herzogs Verdienste als Jurist und würdigte ebenfalls dessen Bodenständigkeit. Er habe nie "künstlich, abgehoben, verkopft" sein wollen. Als überzeugter Christ habe er Herausforderungen mit gelassener Demut entgegen gesehen. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hob Herzogs "herausragende wissenschaftliche Qualifikation" hervor, die ein eher distanziertes Verhältnis zur politischen Geschäftigkeit begründet habe. Schäuble würdigte Klugheit und Effizienz Herzogs. "Wir haben einen großen Staatsmann verloren", sagte er.

EU-Ratspräsident Donald Tusk würdigte Herzog als engagierten Europäer, dessen "Ruck"-Rede über die Grenzen Deutschlands hinaus breiten Widerhall erfahren habe. "Heute sollten wir Roman Herzog versprechen, dass wir uns seine Botschaft zu Herzen nehmen", sagte Tusk. "Auch durch Europa muss ein Ruck gehen", sagte der frühere polnische Ministerpräsident.

 

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