Quantcast
Channel: evangelisch.de - Tod und Trauer
Viewing all 928 articles
Browse latest View live

Wohnungslosenhilfe: Erster Obdachloser in diesem Jahr erfroren

$
0
0
Obdachlose campieren am Spreebogen in Berlin. Im Landkreis Gießen ist der erste Wohnungslose in diesem Jahr in Deutschland erfroren.

Foto: Rolf Zoellner

Obdachlose campieren am Spreebogen in Berlin. Im Landkreis Gießen ist der erste Wohnungslose in diesem Jahr in Deutschland erfroren.

Nach Angaben der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe (BAG) ist im Landkreis Gießen der erste Wohnungslose in diesem Jahr in Deutschland erfroren.

Der 53-jährige Mann sei bereits am 15. Januar leblos aufgefunden worden, teilte die die Bundesarbeitsgemeinschaft am Mittwoch in Berlin mit. Die Leiche lag in dem Ort Großen-Buseck unweit des Flüsschens Wieseck.

Es gebe zwei weitere Fälle von Wohnungslosen, die erfroren sein könnten, sagte Paul Neupert, Fach- und Organisationsreferent der Wohnungslosenhilfe, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Seine Organisation prüfe sie derzeit. In einem der Fälle sei die Leiche bereits am 1. Januar 2017 aufgefunden worden. Der Fall des 53-Jährigen aus Großen-Buseck sei aber der derzeit erste, bei der in diesem Jahr ein Obdachloser nachweislich an Kälte gestorben sei.


Internetprojekt "Yolocaust" abgeschlossen

$
0
0
Zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am Freitag hat der Künstler Shahak Shapira alle Selfie-Bilder im Stelenfeld des Holocaust-Mahnmals von seiner Internetseite "Yolocaust" gelöscht.

"Die Seite wurde von über 2,5 Millionen Menschen besucht. Das Verrückte ist, dass das Projekt inzwischen auch alle zwölf Personen erreicht hat, die auf den Selfies abgebildet waren", schrieb Shapira am Donnerstag auf "Yolocaust". Mit seiner Aktion habe er "unsere Erinnerungskultur" hinterfragen wollen. Fast alle hätten die Botschaft verstanden, sich entschuldigt und entschieden, ihre Selfies von ihren Facebook- oder Instagram-Profilen zu löschen.

Der jüdische Künstler, der in Israel geboren ist und in Berlin lebt, hatte am 18. Januar das Internetprojekt "Yolocaust" veröffentlicht. Dafür kombinierte er Selfies am Holocaust-Mahnmal mit Bildmaterial aus Vernichtungslagern. Die Selfies habe er alle öffentlich zugänglich auf sozialen Netzwerken gefunden, schrieb Shapira auf der gleichnamigen Seite.


Auf "Yolocaust" dokumentiert Shapira nun einige der Rückmeldungen, die er auf sein Projekt bekommen hat. Darunter ist auch die E-Mail eines Mannes, dessen Selfie er verwendete und der sich daraufhin bei ihm meldete: "Ich bin der Typ, der dich, wie ich gerade las, zu Yolocaust inspiriert hat", heißt es in der E-Mail. "Ich habe gesehen was meine Worte ausgelöst haben. Das ist verrückt, und es ist nicht, was ich wollte." Für ihn sei diese E-Mail der beste Weg, das Projekt abzuschließen, sagte Shapira.

Höcke in Buchenwald nicht willkommen

$
0
0
Eine rote Nelke liegt auf dem Appellplatz der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar (Archiv).

Foto: dpa/Sebastian Kahnert

Eine rote Nelke liegt auf dem Appellplatz der Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar (Archiv).

Der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke ist für die am Freitag im ehemaligen KZ Buchenwald bei Weimar geplante Gedenkveranstaltung zur unerwünschten Person erklärt worden. Um ein angemessenes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus zu ermöglichen, sei er bei der gemeinsamen Kranzniederlegung des Landtags und ehemaliger Häftlinge auf dem Appellplatz nicht willkommen, schrieb die Stiftung Gedenkstätte Buchenwald-Dora dem Politiker. Die Stiftung reagierte damit auf die umstrittene Dresdner Rede Höckes, in der er das Berliner Holocaust-Mahnmal als "Denkmal der Schande" bezeichnet hatte.

Die Stiftung erklärte, die Gedenkveranstaltung in Buchenwald gehöre zum öffentlichen Erinnern, das Thüringens AfD-Chef bei seiner Rede am 17. Januar als "dämliche Bewältigungspolitik" diffamiert habe. Höcke selbst will sich nicht ausladen lassen. "Es steht Ihnen schlicht nicht zu, zu entscheiden, wer für ein Verfassungsorgan an dieser offiziellen Gedenkveranstaltung teilnimmt und wer nicht", teilte er der Stiftung am Donnerstag mit.

Bertrand Herz, der Ehrenpräsident des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos und selbst bis 1945 KZ-Häftling betonte: "Die Überlebenden der Nazibarbarei und die Angehörigen der Ermordeten können nicht zulassen, dass die Bedeutung des Holocaust relativiert und das Andenken an die Opfer herabgewürdigt wird. Wir wehren uns gegen das Erscheinen von Verharmlosern beim Gedenken an der Stätte unseres Martyriums", fügte der 86-jährige Franzose hinzu.

Nach seiner Rede in Dresden sei eine Teilnahme von Höcke an der Kranzniederlegung im ehemaligen KZ Buchenwald nicht akzeptabel, sagte Vize-Stiftungsdirektor Rikola-Gunnar Lüttgenau. Man schließe keine Menschen, sondern Haltungen aus, die dem Stiftungszweck - der Vermittlung der mit Buchenwald verbundenen Geschichte - zuwiderliefen. "An anderen Tagen als dem 27. Januar 2017 kann Herr Höcke daher gern privat die Gedenkstätte und ihre Ausstellungen besuchen, um sich über die verheerenden Folgen nationalistischer und völkischer Gesellschaftspolitik zu informieren", fügte er hinzu.


In seinem Antwortschreiben an die Stiftung erklärt Höcke zunächst: "Ich toleriere Ihre Meinung zu meiner Person, obgleich ich sie für falsch halte. Sie sind allerdings nicht Herr meines Gedenkens." Es könne aber keine Haltung ausgesperrt werden, "die nicht existiert". Er werde "selbstverständlich" zusammen mit einem Kollegen "am 27. Januar 2017 ab 14:00 Uhr" seiner Trauer um die Ermordung der deutschen und europäischen Juden Ausdruck verleihen, schrieb der AfD-Politiker.

Das Konzentrationslager auf dem Ettersberg bei Weimar wurde 1937 eingerichtet. Nach neuen Erkenntnissen waren im Lager bis zu seiner Befreiung am 11. April 1945 fast 280.000 Menschen inhaftiert. Die SS zwang die Häftlinge zur Arbeit für die deutsche Rüstungsindustrie. Am Ende des Zweiten Weltkrieges war Buchenwald das größte KZ im Deutschen Reich. Mehr als 56.000 Menschen starben an Folter, medizinischen Experimenten und Auszehrung. Jedes Jahr werden in der KZ-Gedenkstätte etwa 500.000 Besucher gezählt.

Höcke hatte mit seiner Rede vorige Woche heftige Reaktionen aufgelöst. Vor Anhängern der "Jungen Alternative Dresden" sagte er unter anderem über das Berliner Holocaust-Mahnmal: "Die Deutschen sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat." Die Äußerungen stießen insbesondere bei Holocaust-Überlebenden auf Entsetzen. Der AfD-Mann selbst sprach von einer missverständlichen Deutung seiner Worte und sieht sich als Opfer innerparteilicher Machtkämpfe.

Schweizer Lyriker und Pfarrer Kurt Marti gestorben

$
0
0
Der Schweizer Schriftsteller und Pfarrer Kurt Marti ist am Samstag im Alter von 96 Jahren in Bern gestorben. Dies berichtete der Schweizer Rundfunk unter Berufung auf seine Familie. Marti zählte zu den bedeutendsten Lyrikern der Schweiz. Der reformierte Pfarrer galt seit den 50er Jahren zudem als analytischer Beobachter des politischen Klimas seiner Heimat.

Bekannt wurde Marti durch seine in aggressiven Sprachwitz verpackte Gesellschaftskritik. Der am 31. Januar 1921 geborene Sohn einer Berner Notarsfamilie hatte zusammen mit Friedrich Dürrenmatt das Freie Gymnasium in Bern besucht. Danach studierte er zwei Semester Jura, bevor er sich für Theologie entschloss. Nach Kriegsende verdingte sich Marti als Praktikant in der ökumenischen Kriegsgefangenenseelsorge in Paris. 1949 übernahm er Pfarrstellen in der Schweiz, von 1961 bis 1983 war er an der Nydeggkirche in Bern.

Auch in der Theologie brach Marti Krusten auf. Das Vaterunser dichtete er 1980 um in "Unser Vater/ der du bist die Mutter". Der auf Bildern stets freundlich und hellwach blickende, hoch gewachsene Herr mit großer Brille verfasste seit seinem ersten Band "Boulevard Bikini" (1958) Hunderte Gedichte, viele in Berner Mundart. Sein Spektrum reichte von Naturlyrik zu konkreter "engagierter" Poesie. Hinzu kamen Essays, Kurzgeschichten und ein Roman. Von der Theologie versprach sich Marti Einblicke in die großen Lebensrätsel. Insgeheim, bekannte er, habe er sich sogar so "etwas wie Erleuchtung" erhofft.

Der Vater von vier Kindern wetterte früh gegen den Kalten Krieg sowie antiliberale Einstellungen in der militärisch neutralen Schweiz. Er engagierte sich bald gegen den Vietnamkrieg, agitierte gegen Atomwaffen und Atomenergie, warnte vor der Zerstörung der Alpen oder prangerte das Elend in Entwicklungsländern an. Das verhalf ihm in seinem eher konservativen Umfeld zuweilen zum Ruf, er sei Kommunist oder christlicher Marxist.

Regensburger Krematorium unter Verdacht

$
0
0
Mitarbeiter des Krematoriums in Regensburg sollen bei Feuerbestattungen auch Leichenteile anderer Menschen mitverbrannt haben. Die Staatsanwaltschaft teilte am Mittwoch mit, dass sie wegen möglicher Störung der Totenruhe in rund 200 Fällen ermittle.

Dabei soll es sich um menschliche Körperteile sowie Beutel mit Gewebe- und Blutproben gehandelt haben, die bei medizinischen Eingriffen angefallen sind und nach dem Gesetz als Sondermüll hätten entsorgt werden müssen. Dies würde laut Staatsanwaltschaft mindestens eine Ordnungswidrigkeit darstellen, die mit einer Geldbuße von bis zu 50.000 Euro geahndet werden kann. Möglicherweise ist auch der Straftatbestand der Störung der Totenruhe erfüllt, teilte Justizsprecher Theo Ziegler mit.

Ferner sollen vier Mitarbeiter des Krematoriums im Zeitraum von 2011 bis Juni 2016 in zwei Fällen Spenden unbekannter Höhe, die von Trauerfeiern für wohltätige Zwecke gesammelt worden waren, für sich selbst verwendet haben. Der zuständige Ermittlungsrichter hatte eine Durchsuchung der Räume des Krematoriums veranlasst, bei der schriftliche und elektronische Unterlagen gefunden wurden.

Kirche und Gedenkstätte erinnern an NS-Opfer Friedrich Weißler

$
0
0
Zum 80. Todestag des von den Nazis ermordeten Juristen Friedrich Weißler (1891-1937) haben die evangelische Kirche und die KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen an das Mitglied der Bekennenden Kirche gedacht.

 An der Feier an von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Sachsenhausen errichteten Gedenkstelle am Sonntag nahm auch Konsistorialpräsident Jörg Antoine von der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz (EKBO) teil, wie die Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten in Oranienburg mitteilte.

Weißler, protestantischer Christ jüdischer Herkunft, starb am 19. Februar 1937 wenige Tage nach seiner Einlieferung in das KZ Sachsenhausen. Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm erklärte: "Friedrich Weißler ist in einer Zeit himmelschreienden Unrechts für eine klare Positionierung der Kirche gegen Antisemitismus und die Konzentrationslager eingetreten. Er hat dafür mit seinem Leben bezahlt. Die Erinnerung an diesen ersten Märtyrer der Bekennenden Kirche ist für uns als Kirche Verpflichtung, aus der Geschichte zu lernen und heute in aller Klarheit für die Menschenwürde einzutreten."

Der aus Königshütte in Oberschlesien stammende Weißler war nach Studium, Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg und Promotion und wissenschaftlicher Tätigkeit Richter in Magdeburg, ab 1931 Landgerichtsdirektor. Eine Kampagne gegen Weißler als "nichtarischen" Richter endete mit seiner Entlassung aus dem Staatsdienst. Weißler trat in den Dienst der Bekennenden Kirche ein und wurde Verwaltungsleiter der Vorläufigen Kirchenleitung der Deutschen Evangelischen Kirche (DEK). Im Jahr 1936 wirkte er an der Erstellung der "Denkschrift der Vorläufigen Kirchenleitung der deutschen Evangelischen Kirche" mit.  Die Anfang Juni 1936 an Adolf Hitler übergebene Denkschrift des radikalen Flügels der Bekennenden Kirche gilt als eines der großen Dokumente des gewaltlosen Widerstandes im NS-Staat.

Griese: Zugang zu tödlichen Medikamenten bleibt reglementiert

$
0
0
Sterbehilfe-Urteil: Gesundheitsminister Groehe warnt vor Tabubruch

Foto: epd/Werner Krüper

Die SPD-Politikerin Kerstin Griese weist darauf hin, dass auch nach dem Sterbehilfe-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts der Zugang zu tödlichen Medikamente streng reglementiert wird. Das Urteil stelle klar, dass der Verkauf tödlicher Betäubungsmittel weiterhin grundsätzlich verboten bleibe, sagte Griese dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Freitag und fügte hinzu: "Das ist gut so."

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hatte am Donnerstag entschieden, dass in Extremfällen schwer und unheilbar kranken Patienten der Zugang zu einem Betäubungsmittel nicht verwehrt werden könne, das eine schmerzlose Selbsttötung ermöglicht. Das gelte, "wenn sie wegen ihrer unerträglichen Leidenssituation frei und ernsthaft entschieden haben, ihr Leben beenden zu wollen, und ihnen keine zumutbare Alternative - etwa durch einen palliativmedizinisch begleiteten Behandlungsabbruch - zur Verfügung steht", hieß es in der Pressemiteilung des Gerichts. Die Richter begründeten ihr Urteil mit Hinweis auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Artikel 2 des Grundgesetzes (BVerwG 3 C 19.15).

Mit dieser Begründung "widerspricht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes nicht dem Beschluss des Bundestages", sagte Griese, die das im November 2015 beschlossene Gesetz zum Verbot von Sterbehilfe-Organisationen in Deutschland zusammen mit Michael Brand (CDU) federführend vorbereitet hatte. Denn auch in der Begründung des Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches, der die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung verbiete, werde darauf hingewiesen, dass keine Strafbarkeit gegeben ist, wenn "im Einzelfall nach sorgfältiger Untersuchung und unter strikter Orientierung an der freiverantwortlich getroffenen Entscheidung einer zur Selbsttötung entschlossenen Person Suizidhilfe gewährt wird", erklärte Griese.

Im konkreten Fall war die Ehefrau des Klägers seit einem Unfall im Jahr 2002 vom Hals abwärts gelähmt, musste künstlich beatmet werden und war auf ständige medizinische Betreuung und Pflege angewiesen. Wegen dieser von ihr als unerträglich und entwürdigend empfundenen Leidenssituation hatte sie im November 2004 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Erlaubnis zum Kauf einer tödlichen Dosis eines Betäubungsmittels beantragt. Das Bundesinstitut lehnte dies unter Hinweis auf den Zweck des Betäubungsmittelgesetzes ab. Im Februar 2005 reisten der Kläger und seine Frau schließlich in die Schweiz, wo sich die Frau mit Unterstützung eines Vereins für Sterbehilfe das Leben nahm.

Sie haben Ihr Grab erreicht.

$
0
0
Besonders in Großstädten können Friedhöfe unübersichtlich werden. Ein Navi hilft.

Haben Sie schon mal auf einem Friedhof ein bestimmtes Grab gesucht, von dem Sie nicht genau wussten, wo es liegt? Das Grab der Großtante, irgendwo da links, und dann ging's nochmal hinter der Mauer rechts ab. Damals, bei der Beerdigung vor zehn Jahren, schien das alles so einfach zu sein. Gelegentlich reicht es auch schon, andächtig einer Beerdigungsgesellschaft hinterherzulaufen – und nachher finden Sie den Friedhofsausgang nicht mehr. Insbesondere in Großstädten können Friedhöfe ja durchaus im wahrsten Sinne des Wortes weitläufig werden.

Auch Friedhofsangestellte sind davor nicht gefeit. Ich werde nie die Urnenbeisetzung vergessen, bei der die Witwe, am Grab angekommen, meinte: "Das ist das falsche Grab". Zum Glück sind Urnengräber ja relativ schnell auszuheben, so dass das Malheur mit einem kleinen Spaziergang der Beerdigungsgesellschaft und einem anschließend heftig schwitzenden Friedhofsangestellten in einer halben Stunde behoben werden konnte.

Manche Friedhöfe wiederum sind bekannt für die Prominenten, die dort beigesetzt sind. Auch da die Frage: Wo auf dem Wiener Zentralfriedhof ist denn nur Hans Moser beerdigt? Wo – nicht in Wien! – liegt Chopin begraben oder Jim Morrison?

Eigentlich ist die Lösung außerordentlich naheliegend: Eine App, die als Friedhofsnavi dient! Das Startup "Vorsorgeplattform24" hat mittlerweile mehrere Friedhöfe im Angebot, unter anderem eben den Wiener Zentralfriedhof und den (die?) Cimetière du Père Lachaise in Frankreich. Neben Infos über die Prominentengräber können auch Familien virtuelle Friedhöfe ihrer über die ganze Welt verstreuten verstorbenen Familienangehörigen anlegen. Dazu kommt die Möglichkeit, Gedenkseiten anzulegen und noch vieles mehr.

Als Pfarrer muss ich sagen: Durchaus praktische Einrichtung. Zumeist laufe ich ja nur dem Sarg oder der Urne hinterher und komme problemlos an den richtigen Bestimmungsort. Selten besuche ich Gräber später noch einmal. Doch für Menschen, die alte Freunde mal wieder besuchen wollen, ist so ein Navi sicher eine hilfreiche Erfindung. Möglicherweise ist es allerdings ein wenig gewöhnungsbedürftig, wenn in Zukunft Friedhofsbesucher von ihrem Navi geleitet werden: "Nach dem nächsten Grab rechts abbiegen. Den zweiten Gang links nehmen. In 50 Metern haben Sie Ihr Grab erreicht."

Das ergibt auch ganz neue Ideen für die Beerdigungsansprache: "Sie haben Ihr Grab erreicht – doch das Ziel des Verstorbenen ist woanders. Das Navi dafür ist Gottes Wort." Nun ja, so ähnlich. Wir wünschen gute Orientierung.

www.friedhofguide.de


Nach Sterbehilfe-Urteil: Bundesbehörde liegt Antrag vor

$
0
0
Sterbehilfe

Foto: epd-bild/Jörn Neumann

Erstmals nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur möglichen Beteiligung des Staates an der Sterbehilfe in extremen Einzelfällen muss das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über einen Fall entscheiden.

Es gebe einen Antrag, in dem die Erlaubnis zum Erwerb einer tödlichen Dosis Natrium-Pentobarbital beantragt worden sei, sagte ein Sprecher der Behörde dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag). Noch sei "keine Festlegung" getroffen worden, wann über den Antrag entschieden werde. Angaben zu Alter, Geschlecht und Erkrankungen machte die Behörde mit Rücksicht auf den Patienten nicht.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte am vergangenen Donnerstag entschieden, dass unheilbar Kranken in extremen Einzelfällen der Zugang zu todbringenden Medikamenten nicht versagt werden darf. Das Bundesinstitut, das das Ansinnen ablehnte, hätte den Fall zumindest prüfen müssen, befanden die Richter (BVerwG 3 C 19.15).

Urteil in der Kritik

Die Richter begründeten ihr Urteil mit Hinweis auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht in Artikel 2 des Grundgesetzes. Voraussetzung für das Recht eines schwer und unheilbar kranken Patienten über die Beendigung seines Lebens zu entscheiden sei aber, dass er seinen Willen frei bilden und entsprechend handeln könne. Das Urteil war bei Politikern, Kirchen und Verbänden auf Kritik gestoßen.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte ist den Angaben zufolge zentral für die Zulassung und Registrierung von Arzneimitteln zuständig und überwacht auch den legalen Verkehr mit Betäubungsmitteln. Wie der "Tagesspiegel" weiter berichtete, könnte es sein, dass die Behörde zunächst die schriftliche Urteilsbegründung des Bundesverwaltungsgerichts abwarten wird. "Aus Sicht des BfArM können weitere rechtliche Bewertungen zu einem Urteil dieser Tragweite nicht allein auf Basis einer Pressemitteilung erfolgen", erklärte die Behörde. Zudem stehe man im Austausch mit dem Bundesgesundheitsministerium.

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) hatte sich am Freitag kritisch zu dem Urteil geäußert und vor einem Tabubruch gewarnt: "Staatliche Behörden dürfen nicht zum Handlanger der Beihilfe zur Selbsttötung werden."

Ehemaliger EKD-Kirchenamtspräsident Barth gestorben

$
0
0
Hermann Barth 2010 auf der EKD-Synode in Hannover. Er starb nun im Alter von 71 Jahren in Hannover.

Foto: epd-bild/Norbert Neetz

Hermann Barth 2010 auf der EKD-Synode in Hannover. Er starb nun im Alter von 71 Jahren in Hannover.

Wie die Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstag mitteilte, starb Hermann Barth am Mittwoch im Alter von 71 Jahren in Hannover. Er stand von 2006 bis 2010 an der Spitze des Kirchenamtes. Der Theologe war an Parkinson erkrankt.

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, würdigte ihn als prägend für viele Positionen der Kirche in der Gesellschaft. "Sein ausgleichendes Temperament und seine Sprachkraft haben viele Texte und Positionierungen der EKD geprägt", erklärte Bedford-Strohm am Donnerstag. Er bezeichnete ihn als "prägende Kraft der evangelischen Kirche".

Die Präses der Synode der EKD, Irmgard Schwaetzer, hob Barths "außergewöhnlich kluge und besonnene Art" hervor. Er sei in ethischen Diskussionen ein sehr kompetenter Berater gewesen. "Seine evangelische Kirche erinnert sich mit großem Dank und Respekt an ihn", erklärte sie.

Vier Jahre Kirchenamtspräsident

Barth bestimmte den Kurs der evangelischen Kirche in verschiedenen Funktionen über ein Vierteljahrhundert mit, zunächst als theologischer Referent für Fragen der öffentlichen Verantwortung von Kirche. 1993 stieg er zum Vizepräsidenten der EKD-Zentrale auf und leitete die Hauptabteilung "Theologie und öffentliche Verantwortung", bevor er 2006 Kirchenamtspräsident wurde.

Nach dem Studium der evangelischen Theologie in Heidelberg, Edinburgh und Tübingen war der gebürtige Ludwigshafener von 1970 bis 1977 Wissenschaftlicher Assistent am Alttestamentlichen Seminar des Fachbereichs Evangelische Theologie der Universität Hamburg. Nach dem Vikariat in der Evangelisch-reformierten Kirche war Barth von 1978 bis 1985 Gemeindepfarrer im nordpfälzischen Kerzenheim.

Kirchenparlamentarier Hans-Rolf Dräger gestorben

$
0
0
Dräger gehörte von 1970 bis 1985 der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und von 1985 bis 1996 der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) an.

Der langjährige Kirchenparlamentarier Hans-Rolf Dräger ist tot. Er sei am 13. März im Alter von 97 Jahren in Kiel gestorben, teilte die Nordkirche heute mit. Dräger gehörte von 1970 bis 1985 der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und von 1985 bis 1996 der Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) an. Von 1972 bis 1979 war der hauptberufliche Deutschlehrer und Rektor Vorsitzender des Bildungspolitischen Ausschusses der EKD.

Vor seinem Engagement in der EKD wurde Dräger 1972 zum Präsidenten der Schleswig-Holsteinischen Landessynode gewählt und war nach der Gründung der Nordelbischen Kirche ab 1977 deren erster Synodenpräsident. Andreas Tietze, Präses der Landessynode der Nordkirche, würdigte ihn als einen der "markanten Vertreter der jüngsten Kirchengeschichte".

1992 erhielt Dräger für sein ehrenamtliches Engagement die Bugenhagenmedaille der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. 1995 verlieh ihm die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel die Ehrendoktorwürde. Dräger war maßgeblich am Aufbau von Partnerschaften zu den Landeskirchen im Baltikum beteiligt. 2010 erhielt er das Verdienstkreuz II. Klasse der Estnischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. Er blieb der Seemannsmission Kiel als Ehrenvorsitzender bis zuletzt verbunden.

Gedenkskulptur für Opfer des Germanwings-Absturzes enthüllt

$
0
0
Zum zweiten Jahrestag des Absturzes der Germanwings-Maschine über den französischen Alpen ist am Freitag eine Skulptur zum Gedenken an die Opfer enthüllt worden.

Bei der Gedenkfeier im französischen Le Vernet übergab Lufthansa-Chef Carsten Spohr eine "Sonnenkugel" des deutschen Künstlers Jürgen Batscheider an die Angehörigen, wie die Lufthansa mitteilte. Mehr als 500 Angehörige aus aller Welt nahmen an der Gedenkfeier nahe dem Unglücksort teil. Sobald die Witterung es zulässt, soll die Skulptur an den Absturzort gebracht und dort aufgestellt werden. 
 

Bei der Skulptur handelt es sich um eine vergoldete Kugel mit einem Durchmesser von fünf Metern, die aus 149 Elementen besteht. Die Arbeit von Batscheider wurde in einem internationalen Wettbewerb ausgewählt, an dem sich 23 Künstler beteiligt hatten. Im Innern der "Sonnenkugel" befindet sich ein kristallförmiger Zylinder, in dem Holzkugeln eingeschlossen werden, die die Angehörigen der Opfer mit persönlichen Erinnerungsstücken befüllen können. Nach der Aufstellung am Unglücksort wird die Sonnenkugel von einer Plattform aus sichtbar sein, die die Lufthansa bereits im vergangenen Jahr hatte errichten lassen.

Auch in Haltern am See in Nordrhein-Westfalen wurde der Opfer des Flugzeugabsturzes gedacht. Unter den 150 Toten waren 16 Schülerinnen und Schüler sowie zwei Lehrerinnen des dortigen Joseph-König-Gymnasiums. Am Vormittag fand in der Schule eine Gedenkfeier statt. Am Abend sollte ein ökumenischer Gottesdienst in der Sixtuskirche folgen.

Bürgermeister Bodo Klimpel (CDU) verlas bei der Gedenkfeier in dem Gymnasium die Namen der 18 Halterner Opfer und versicherte: "Wir werden euch stets lebendig in unserem Herzen behalten." Zur Absturzzeit um 10.41 Uhr läuteten für fünf Minuten alle Kirchenglocken im Stadtgebiet. Während dieser Zeit schwiegen die Anwesenden, um anschließend an der schulischen Gedenkstätte Rosen für die Verstorbenen in Gefäße zu stecken.

Am 24. März 2015 war ein Airbus A320 der Lufthansa-Tochter Germanwings auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf abgestürzt. Nach Erkenntnis der Ermittler brachte der depressive 27-jährige Co-Pilot die Maschine absichtlich zum Absturz.

Huber würdigt verstorbenen ehemaligen Kirchenamtspräsidenten Barth

$
0
0
Bei einem Trauergottesdienst hat der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, den verstorbenen früheren Kirchenamtspräsidenten Hermann Barth gewürdigt. Barth war Mitte März im Alter von 71 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.

Der ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Wolfgang Huber, hat den verstorbenen früheren Kirchenamtspräsidenten Hermann Barth als Kümmerer um andere Menschen gewürdigt. "Viele unter uns werden bezeugen, dass ihnen kaum ein Mensch begegnet ist, der die Zusammenarbeit so stark von der Person des anderen her bedacht und gestaltet hat wie Hermann Barth", sagte Huber in seiner Ansprache bei einem Trauergottesdienst am Freitag in Hannover. "In Zeiten der größten Anspannung aller Beteiligten wusste er, wann er einen Vorschlag machen musste, um dem anderen eine Last abzunehmen, die diesem noch gar nicht bewusst war." Barth war am 15. März im Alter von 71 Jahren nach schwerer Krankheit gestorben.

Barth sei vielen Menschen nahe gewesen, ohne dass er dafür öffentlich gepriesen sein wollte, fügte Huber hinzu. "Er achtete nicht nur auf die Menschen, er achtete sie. Das prägte den Geist des Kirchenamts, dem er vorstand." Mehr als ein Vierteljahrhundert lang hatte Barth den Kurs der evangelischen Kirche mitbestimmt. An der Spitze des Kirchenamtes stand er von 2006 bis 2010. Davor war er zunächst theologischer Referent für Fragen der öffentlichen Verantwortung von Kirche und ab 1993 Vizepräsident der EKD-Zentrale sowie Leiter der Hauptabteilung "Theologie und öffentliche Verantwortung".

"Besondere Art öffentlicher Theologie"

Huber verwies darauf, dass Barth ein Experte der theologischen Bioethik gewesen sei. Im Nationalen und Deutschen Ethikrat hatte Barth von 2004 bis 2010 mitgearbeitet. "Wieder war es seine Zuwendung zu den Menschen, die ihn noch mehr als seine Sachkunde und seine Fähigkeit zur Konzentration auf das Wesentliche zu einem unentbehrlichen Mitglied dieses Gremiums machte", sagte Huber.

Barth sei ein "ebenso begeisterter wie nüchterner Ökumeniker" gewesen, fügte Huber hinzu. Zusammen mit dem katholischen Partner "navigierte er das gemeinsame Schiff durch die Klippen", sagte der Berliner Altbischof Huber, der von 2003 bis 2009 an der Spitze des EKD-Rates stand und eng mit Barth eng zusammengearbeitet hatte. "Manche Projekte wären ohne seine weitsichtigen Weichenstellungen dem Scheitern nahe gewesen."

Barth habe eine besondere Art öffentlicher Theologie betrieben, würdigte Huber. "Sie bestand darin, die Grundworte des christlichen Glaubens Menschen unserer Zeit nahe zu bringen: eine, um Dietrich Bonhoeffer zu zitieren, 'nicht-religiöse Interpretation biblischer Begriffe' ganz eigener Art."

"Angriff betrifft uns alle"

$
0
0
Schwedens Erzbischöfin Antje Jackelén erklärt nach dem gestrigen mutmaßlichen Terroranschlag in Stockholm: "Es ist ein Angriff auf ein Leben in Freiheit und grundlegende Werte und Rechte." Darauf dürfe man nicht mit einer Kultur des Hasses oder der Polarisierung antworten.

Trauer, Entsetzen und Mitgefühl angesichts des mutmaßlichen Terroranschlags in Stockholm: Nach der Attacke mit einem Lastwagen, bei dem am Freitag vier Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt wurden, wehen alle Flaggen auf Halbmast. Betroffen äußerte sich unter anderem Schwedens Erzbischöfin Antje Jackelén: "Nachrichten über Terroranschläge haben uns in den letzten Jahren allzu oft erreicht. Wir erhielten diese aus vielen Teilen der Welt, und wir befürchteten, dass dies auch in unserem Land geschehen kann. Jetzt ist es passiert", heißt es in einer am Samstag auf der Webseite der Schwedischen Kirche veröffentlichten Stellungnahme.

"Unsere unmittelbaren Gedanken sind bei den Opfern, denjenigen, die ihre Angehörigen verloren haben, den Verletzten, und denen, die helfen", erklärte Jackelén. Die Gedanken würden außerdem jenen Entscheidungsträgern und Helfern gelten, die in extremen Situationen handeln müssten. "Der Angriff betrifft uns alle, es ist ein Angriff auf ein Leben in Freiheit und grundlegende Werte und Rechte." Darauf dürfe man nicht mit einer Kultur des Hasses oder der Polarisierung antworten.

"Gott des Lebens, wir beten für unsere Mitmenschen, die von Terror, von Gewalt betroffen sind", heißt es in dem abschließenden Gebetstext der aus Deutschland stammenden Erzbischöfin. Man schließe all diejenigen ein, die versuchten, Trost zu spenden, wo es scheinbar keinen Trost gebe: "Wir beten für alle, die Licht in der Dunkelheit schaffen. Helfen Sie uns, für eine von Mitgefühl, Respekt und Liebe geprägte Gesellschaft zu kämpfen und zu arbeiten."

Unterdessen geht die schwedische Polizei davon aus, dass ein nach dem Anschlag festgenommener Mann mit Wahrscheinlichkeit den Lastwagen gesteuert habe, der am Freitag durch die Einkaufsmeile gerast war. Die schwedischen Behörden sind weiter in Alarmbereitschaft. Auch wurden die Grenzkontrollen verschärft.

Religionen rufen zum Gebet für Opfer auf

$
0
0
In Schweden haben die Religionsgemeinschaften den mutmaßlichen Terroranschlag in Stockholm verurteilt und ihr Mitgefühl mit Opfern und Angehörigen zum Ausdruck gebracht.

"Unsere Gedanken und Gebete sind bei den Opfern, den Verletzten und den Trauernden", erklärte am Samstag der "Interreligiöse Rat". Angriffe dieser Art hätten zum Ziel, "unsere Gesellschaft zu zerstören, zu polarisieren und die Vielfalt von Ethnien, Kulturen und Religionen in Schweden zu untergraben", warnte das Gremium unter anderem aus christlichen, muslimischen, jüdischen und buddhistischen Gemeinschaften und Vereinigungen.

Mit der LKW-Attacke vom Freitag habe sich das feige, zum Äußersten entschlossene Antlitz des Bösen gezeigt, hieß es weiter. Nach dem Anschlag mit einem gestohlenen Lastwagen, bei dem am Freitagnachmittag mindestens vier Menschen getötet und 15 weitere verletzt wurden, wehten am Wochenende die Flaggen auf Halbmast.

Schwedens lutherische Erzbischöfin Antje Jackelén erklärte, "Nachrichten über Terroranschläge haben uns in den letzten Jahren allzu oft erreicht. Wir erhielten diese aus vielen Teilen der Welt, und wir befürchteten, dass dies auch in unserem Land geschehen kann. Jetzt ist es passiert." Jackelén: "Unsere unmittelbaren Gedanken sind bei den Opfern, bei denjenigen, die ihre Angehörigen verloren haben, bei den Verletzten, und bei denen, die helfen." Man gedenke zudem jenen Entscheidungsträgern und Helfern, die in extremen Situationen handeln müssten, so die aus Deutschland stammende Erzbischöfin am Samstag auf der Webseite der Schwedischen Kirche.

Ähnlich bestürzt zeigte sich die katholische Nordische Bischofskonferenz: Anders Arborelius, Bischof von Stockholm, sprach von einem "schrecklichen Akt des Terrorismus" und zeigte sich schockiert darüber, "dass diese sinnlose und rücksichtslose Gewalt uns so nahe gekommen ist." Der katholische Theologe fügte hinzu: "Wir müssen mehr und mehr einsehen, dass wir in einer verwundeten Welt leben und wie verletzlich wir Menschen sind."

Zuvor hatte der Generalsekretär des Weltkirchenrates in Genf, Olav Fykse Tveit, zur Solidarität mit den Bewohnern des skandinavischen Staates aufgerufen: Schweden sei ein Land, das so viele Friedensinitiativen in anderen Teilen der Welt ergriffen habe. Nun aber sei es durch einen inhumanen Akt des Terrors inmitten seiner Hauptstadt Stockholm getroffen worden, so der aus Norwegen stammende Lutheraner Tveit.

Die schwedische Kronprinzessin Victoria, die - ebenso wie viele Stockholmer auch - den Anschlagsort und Umgebung am Samstag gemeinsam mit ihrem Ehemann Daniel besuchte, sagte nach Angaben des Boulevardblattes "Aftonbladet": "Ich fühle eine immense Traurigkeit und Leere". Zugleich aber fühle sie eine Stärke, "weil die Gesellschaft mit enormer Kraft gezeigt habe, dass wir uns dem entgegenstellen." Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven erklärte: "Wir sind eine offene, demokratische Gesellschaft, und das werden wir auch bleiben."

Unterdessen geht die schwedische Polizei davon aus, dass ein nach dem Anschlag festgenommener Mann mit Wahrscheinlichkeit den Lastwagen gesteuert habe, der am Freitag zunächst durch eine Einkaufsmeile und dann in ein Kaufhaus gerast war. Medienberichten zufolge bestätigten die Behörden, dass es sich bei dem verhafteten mutmaßlichen Täter um einen 39 Jahre alten Usbeken handelt.

Zugleich schließen die Ermittler nicht aus, dass an dem Anschlag mehrere Täter beteiligt waren.  Das Land hat die Grenzkontrollen verschärft. Für die Opfer des Anschlags sind am Montag eine Gedenkfeier und eine Schweigeminute geplant.

 


Die Zeit, die wir haben

Neue App soll bei Umgang mit eigenem Tod helfen

$
0
0
Eine neue App soll Nutzern bei der formalen, emotionalen und religiösen Auseinandersetzung mit dem eigenen Tod helfen. "LifeCompanion" erleichtere notwendige Regelungen für den Notfall und diene vor allem der Unterstützung der Hinterbliebenen, teilten die Entwickler der App am Montag mit.

Mithilfe eines "postmortalen Benachrichtigungssystems" können die Nutzer demnach etwa ihre Wünsche für das eigene Begräbnis festhalten oder ihren Angehörigen wichtige Nachrichten zukommen lassen. Eine weitere Funktion ist das Absetzen eines Facebook-Posts, um sich von seinen Freunden zu verabschieden.

In einer Checkliste werden den Angaben zufolge die wichtigsten Punkte für den Ernstfall zusammengefasst: Darunter etwa Vollmachten, die Patientenverfügung oder das Testament. Zusätzlich gibt die App Tipps zur rechtsgültigen Formulierung der Dokumente. Wenn nötig, wird professionelle Unterstützung vermittelt.

Wichtige Informationen wie Passwörter für Internet-Accounts, PIN-Nummern für Bankkonten sowie Fundorte von Unterlagen können zudem in der App hinterlegt werden. Der Herausgeber von "LifeCompanion", Leonhard Bichler, sagte, da die App bei der Vorbereitung auf den Ernstfall helfe, könne sie "diffuse Ängste vor dem Tod abbauen." Gleichzeitig könne man sich über seine eigenen Wünsche und Ziele klarwerden, ergänzte der Theologe und Radiomoderator.

Die App ist seit Ostern für Android- und iOS-Systeme erhältlich. Sie wurde von der Digital-Agentur Mobile Software  im Auftrag des Unternehmens TomorrowBits entwickelt.

US-Bundesstaat Arkansas vollstreckt zwei Todesurteile

$
0
0
Erstmals seit siebzehn Jahren sind in den USA zwei Menschen an einem Tag hingerichtet worden.

Im US-Bundesstaat Arkansas wurden am Montag (Ortszeit) die Häftlinge Jack Jones (52) und Marcel Willams (46) mit einer Giftinjektion getötet.

Laut der Zeitung "Arkansas Democrat Gazette" (online) dauerte Jones' Exekution von 19:06 Uhr bis 19:20 Uhr. Sein Tod sei offenbar "qualvoll und inhuman" gewesen, schrieben die Anwälte. Die Gefängnisangestellten hätten 45 Minute gebraucht, um den Zentralvenenkatheder zu legen.

Williams starb laut Medienberichten um 22:33 Uhr, 17 Minuten nachdem ihm der Giftcocktail verabreicht worden war. Auf einen Eilantrag seiner Anwälte hin hatte eine Bundesrichterin die Exekution zunächst gestoppt, die Entscheidung aber nach kurzer Zeit revidiert.

 

Der südliche Staat Arkansas steht gegenwärtig im Zentrum einer intensiven Todesstrafendebatte. Gouverneur Asa Hutchinson hatte im Februar ein von Menschenrechtlern heftig kritisiertes und von Juristen angefochtenes Ziel gesetzt, vom 17. bis 27. April acht Menschen töten zu lassen. Hintergrund der Hinrichtungsserie ist, dass das Verfallsdatum für eine der Substanzen für die Giftspritzen Ende des Monats ausläuft.

 

Jack Jones hat laut Todesurteil 1995 bei einem Raubüberfall die 37-jährige Mary Phillips ermordet und versucht, auch deren elfjährige Tochter Lacy umzubringen. Vor seiner Hinrichtung schrieb Jones laut dem Portal "arkansasmatters.com", seine Tat tue ihm "sehr, sehr leid". Nach der Hinrichtung dankte Lacy Phillips Gouverneur Hutchinson. Er habe im Namen der Gerechtigkeit gehandelt. Sie sei froh, dass dieses Kapitel in ihrem Leben nun beendet sei.

 

Marcel Willams entführte, vergewaltigte und erstickte im November 1994 die 22-jährige Stacy Errickson. Bei seiner Anhörung vor dem Gnadenausschuss bat Williams laut Fernsehsender KTHV um Umwandlung seiner Strafe zu lebenslanger Haft. Er sei als Kind missbraucht und misshandelt worden. Heute sei er anderer Mensch als zur Tatzeit.

 

Bereits am Donnerstag hatte Arkansas erstmals in zwölf Jahren ein Todesurteil vollstreckt. Eine weitere Hinrichtung ist für den 27. April vorgesehen. Vier der geplanten Exekutionen wurden indes aufgeschoben. In Berufungsverfahren ging es um Schuldfähigkeit, den Ablauf der Gerichtsverfahren, die Zulässigkeit der Giftcocktails und die Frage, ob die schnelle Abfolge der Exekutionen ausreichend Zeit lässt für Gnadengesuche.

 

In den USA wurden im vergangenen Jahr 20 Menschen hingerichtet, weniger als jemals zuvor seit 25 Jahren. 2017 wurden bisher neun Todesurteile vollstreckt. In 31 der 50 Bundesstaaten ist die Todesstrafe legal. Zwei Häftlinge an einem Tag waren zuletzt im Jahr 2000 in Texas hingerichtet worden. 

Die vergessenen Opfer: Familien von Todeszelleninsassen

$
0
0
Gefaltete Hände hinter Gittern

Foto: Getty Images/iStockphoto/sakhorn38

Getöt durch die Todesstrafe: Viele Menschen sehen in deren Hinterbliebenen "Opfer zweiter Klasse".

Celia McWee trauert um ihren Sohn. Oft trauert sie allein, weil andere ihr Leiden als nicht gerechtfertig ansehen. Celia McWees Sohn war ein Mörder. Er wurde hingerichtet.

Celia McWee, 83, freute sich 13 Jahre lang auf jeden Samstag. Es war der schönste Tag der Woche für sie, da sie sich an Samstagen immer schön für ihren Besuch am Sonntagmorgen machte. Doch sie ging nicht zur Kirche. Sie besuchte das Staatsgefängnis. Sie fuhr drei Stunden von Augusta, Georgia nach Ridgeville, South Carolina, um ihren Sohn Jerry McWee zu besuchen. Jerry saß in der Todeszelle, seit er den Lebensmittelhändler John Perry im Jahr 1991 im ländlichen Aiken County ausgeraubt und ermordet hatte. McWee wurde am 14. April 2004 hingerichtet. Er war 52 Jahre alt.

"Samstag war immer ein aufregender Tag, da ich an diesem Tag mein Outfit für den nächsten Tag auswählte und in den Schönheitssalon ging, um gut für ihn auszusehen", berichtet sie weinend. "Und Sonntags auf dem Hinweg war es auch aufregend, denn man hatte etwas, worauf man sich freuen konnte. Doch der Rückweg bestand nur noch aus Tränen."

Solange ihr Sohn im Gefängnis saß, hielten sie die alltäglichen Dinge auf Trab. Montags, Mittwochs und Freitags verließ sie niemals das Haus, bevor sie den Anruf ihres Sohnes erhielt. Dienstags und Donnerstags ging sie einkaufen, machte die Wäsche und saugte Staub. Schließlich kam der Sonntag, an dem sie immer zusammen mit anderen Müttern von Insassen zum Gefängnis fuhr. Sie trafen sich an einer Tankstelle in Columbia, South Carolina.

Das Geräusch der Fußketten

Obwohl ihr Sohn bereits vor vier Jahren hingerichtet wurde, vergeht nicht ein Tag, an dem McWee nicht an die Fußketten denkt, die über den Boden des Gefängnisses schleiften, wenn sie ihn besuchte. "Das Geräusch, das mich am meisten verfolgt, sind die Ketten an ihren Knöcheln, Hüften und Handgelenken, wenn sie von einem ins andere Gebäude gebracht wurden", sagt sie. "Es ist eine Qual zu sehen, wie der eigene Sohn nicht besser als ein Hund behandelt wird."

Das Haus von McWee ist voller Fotos ihres Sohnes. Stolz denkt sie an den Tag, an dem Jerry heiratete und an den Tag, an dem er, obwohl er nur einen High-School-Abschluss besaß, zur Polizei ging. Dann zeigt sie uns ein Schwarzweißfoto von Jerry in einer Rettungssanitäter-Uniform. Nach zwei Jahren als Polizist und fünf Jahren als Feuerwehrmann entschloss sich Jerry, sein Leben der Hilfe Bedürftiger zu widmen und begann, Notfallmedizin zu studieren.

"Er war ein Typ, der Umwege geht, um anderen zu helfen", sagt sie. "Er war genau wie ich, er half bedürftigen Menschen. Ich konnte mir niemals vorstellen, dass meiner Familie so etwas passieren kann. Alles war so schön und einfach und die Dinge ließen sich noch leicht ändern. Es ist wahr, dass er jetzt an einem besseren Ort ist, aber trotzdem wünsche ich mir, dass er bei mir wäre."

Die Gefühle von McWee gleichen denen vieler Angehöriger von Insassen, die vom Staat hingerichtet wurden. Sie versuchen sich vom Trauma zu erholen, jahrelang auf den angesetzten Todestag des geliebten Menschen gewartet zu haben. Und ihr Leiden wird oft noch schlimmer, da viele ihren Schmerz nicht als gerechtfertigt ansehen.

Dürftig genähte Wunden

Wie McWee hatte auch Bill Babbit eine schwere Zeit. Sein jüngerer Bruder Manny, ein mehrfach ausgezeichneter Veteran des Vietnamkrieges, litt schwer unter dem posttraumatischen Stresssyndrom und wurde an seinem 50. Geburtstag, am 3. Mai 1999, in San Quentin hingerichtet. Er wurde beschuldigt, Leah Schendel ausgeraubt zu haben, eine ältere Dame, die bei der Straftat in Sacramento, Kalifornien an einem Herzanfall starb.

Babbitt fühlt sich besser, wenn er durch das Land zieht und über die "unfaire" Hinrichtung seines Bruders spricht. Er ist Mitglied der Organisation "Murder Victims' Families for Human Rights" (MVFHR) [Familien von Mordopfern für Menschenrechte], die im Jahr 2004 in Philadelphia gegründet wurde. Die Organisation bietet Betroffenen Unterstützung und Rechtsbeistand an.

Er legt Zeugnis mit "der Macht der Erinnerung" ab, wie er es nennt. Er öffnet seine dürftig genähten Wunden und lässt heraus, was er über Mannys Fall zu sagen hat. Er möchte der Öffentlichkeit mitteilen, warum die Todesstrafe bei seinem Bruder unnötig war. Doch viele Menschen sehen in ihm nur ein "Opfer zweiter Klasse", der einen Kriminellen verteidigen will, sagt er.

"Mein Aufgabe ist es, sie aufzuklären und ihnen zu sagen 'Hey, Ihr verliert einen Hasen, einen Hund oder eine Katze und trauert um sie. Manny war ein Mensch. Warum darf ich nicht auch um ihn trauern?' Es ist die Ungerechtigkeit, über die ich sprechen muss."

Eine Kette von Opfern

Familien, die die staatliche Hinrichtung eines angehörigen Insassen erleben, werden immer noch nicht als "Opfer von Machtmissbrauch" bezeichnet, wie es die Generalversammlung der Vereinten Nationen in ihrer 1985 veröffentlichten Erklärung "Declaration of Basic Principles of Justice for Victims of Crime and Abuse of Power" [Erklärung über die Grundprinzipien der Rechte von Opfern von Verbrechen und Machtmissbrauch] nannte. Der Bericht aus dem Jahr 2006 versuchte, die Rechte von Opfern zu schützen.

Artikel 18 der Erklärung definiert ein Opfer von Machtmissbrauch als eine Person, "die einzeln oder im Kollektiv Schäden erlitten hat, einschließlich physischer oder psychischer Schäden, emotionalem Leiden, wirtschaftlichen Schäden oder einer grundlegende Einschränkung ihrer Grundrechte, durch Handlungen oder Unterlassungen, die zwar noch keine Verletzungen der nationalen Strafgesetze, jedoch der international anerkannten Normen in Bezug auf Menschenrechte darstellen."

In manchen Ländern, einschließlich der Vereinigten Staaten, wird die Tötung durch Giftspritze nicht als Machtmissbrauch angesehen. Die Erklärung sieht die Todesstrafe nicht als "Verletzung von international anerkannten Normen in Bezug auf Menschenrechte" an.

"Doch diese Menschen [Familien von Todeszelleninsassen] haben auf vielfache Art und Weise ein Trauma erlitten und ihre Erfahrungen gleichen sehr den Erfahrungen von Hinterbliebenen von Mordopfern", sagt Susannah Sheffer, Leiterin von "No Silence, No Shame", einem Projekt von MVFH.

Unsichtbare Opfer

Das Problem ist, dass die Leute die Insassen nicht als Menschen ansehen, die eine Familie haben könnten, die nach der Hinrichtung um sie trauert. "Die Familien der Hingerichteten sind unsichtbare Opfer, versteckte Opfer. Viele Menschen denken gar nicht daran, dass eine Hinrichtung immer eine trauernde Familie hinterlässt" sagt Sheffer. "Viele ziehen die Familie zur Verantwortung, eine Art "Schuld aufgrund enger Verbindung." Sie denken, der Insasse sei ein Monster, also müssen die Eltern dieses Monster erschaffen haben."

Jerry McWees Mutter erzählt, dass sie immer wieder von dem Moment heimgesucht wird, als ihr Sohn auf der Hinrichtungsliege gefesselt lag und ihr den letzten Kuss zu hauchte. Sie sagt zudem, dass sie nicht die einzige ist, die wegen dem Tod ihres Sohnes leidet.

"Es ist eine unsagbar schreckliche Erfahrung, die man jahrelang erdulden muss. Sie bestraft nicht nur die Insassen, sondern noch so viele andere Menschen" sagt McWee. "Eine Tochter von Jerry, Misty, begang genau ein Jahr nach seiner Hinrichtung einen Selbstmordversuch. Sie schnitt sich die Pulsadern auf und sagte, sie wolle bei ihrem Vater sein und würde nicht mehr auf diese Erde gehören."

Das Schuldvermächtnis

Im Gegensatz zu Babbitt hat sein Bruder Bill mit Schuldgefühlen zu kämpfen. Bill verriet Manny an die Polizei und konnte später die Hinrichtung nicht aufhalten. Bill glaubt, dass der Tod seines Bruders besonders unfair ist, weil er an einer psychischen Erkrankung litt. Aus Verzweiflung und Angst, dass der Bruder noch mehr Straftaten begehen könnte, entschied sich Bill dazu, mit der Polizei zusammenzuarbeiten. Sie versprachen ihm, dass seinem Bruder nichts passieren könnte.

Eines Tages bat er Manny, ein wenig auszugehen und sich zu amüsieren. Die Polizei erwartete ihn vor dem Haus und nahm ihn fest. Bill wusste jedoch nicht, dass Manny zum Tode verurteilt werden könnte. Das Schwierigste für ihn war, seiner Mutter zu erklären, warum er das zuließ, sagt er. "Meine Mutter liebt mich und ich weiß, dass sie mir den Verrat an die Polizei vergeben hat. Doch ich kann mir nicht verzeihen, dass ich Mama versprochen habe, dass sie ihn nicht hinrichten werden", sagt er. "Ich habe mit dem Leben meines Bruders gespielt und verloren."

Seit dem Tag, an dem Manny hingerichtet wurde, hat Babbitt nicht die Kraft, seine Familie zu besuchen, nicht mal in den Ferien. Er glaubt, dass er "ihre Liebe und ihr Vertrauen nicht mehr verdient hat", sagt er. Er fühlt sich unwohl unter ihnen, obwohl sie ihm für das, was er getan hat, längst vergeben haben.

"Wenn ich nicht so sehr an Jesus glauben würde, hätte ich mich umgebracht. Ich wollte jedoch nicht, dass meine Familie zu einer weiteren Beerdigung gehen muss. Ich musste stark sein und mein Leben dem Erzählen dieser Geschichte widmen", sagt er. "Ich werde meinen Bruder wieder sehen, wenn meine Zeit auf Erden abgelaufen ist."

Kein Schweigen, Keine Scham

Babbitt und McWee kennen sich inzwischen sehr gut. Sie trafen sich im Frühjahr 2004 beim ersten Treffen von "No Silence, No Shame", einer Gruppe von Familienangehörigen von Todeszelleninsassen. Die Konferenz wurde organisiert, damit Menschen, die das gleiche Leid teilen, sich ihre Geschichte gegenseitig erzählen können.

Dem Direktor von MVFHR Renny Cushing zufolge versucht das Projekt, "den Familien von verurteilten Strafgefangenen ein Gesicht zu geben", indem die Aussagen dieser Familienangehörigen vor Gericht gebracht werden. Er hofft, dass die Richter diese Aussagen berücksichtigen, bevor sie ihr Urteil sprechen.

Cushing ist ebenfalls ein Hinterbliebener. 1988 wurde sein Vater Robert Cushing von zwei Kugeln in seinem Haus in New Hampshire getötet, die von einem Polizisten außerhalb seiner Dienstzeit durch ein Autofenster abgefeuert wurden. Officer Robert McLaughlin Sr. hatte einen schlechten Ruf: Er ermordete seinen besten Freund, war an einem bewaffneten Überfall beteiligt und nahm eine ältere Obdachlose ohne triftigen Grund fest. Cushings Aussage ist auf der MVFHR Webseite  "Forgiving the Unforgivable" zu lesen.
Cushing und sein Bruder behielten den Beamten im Auge, seit er der neue Nachbar ihres Vaters wurde. McLaughlin war nicht davon begeistert, sagt Cushing. In dieser Nacht ging McLaughlin zum Haus der Cushings - um sozusagen die Rechnung zu begleichen. Doch er erschoss den Falschen, behauptet Cushing in seiner Aussage.

"Wenn der Staat den Vater eines Menschen tötet, sollte das Gericht darüber nachdenken, was das wirklich bedeutet. Die aussagekräftigsten Zeugen sind die, deren Vater hingerichtet wurde, als sie noch Kinder waren," sagt Cushing.

Durchschnittlich werden jedes Jahr 50 bis 60 Menschen von der Regierung getötet und die meisten von ihnen haben mindestens drei Familienmitglieder. Dem "Death Penalty Information Center" zufolge bedeutet dies, dass 150 bis 240 mehr Opfer pro Jahr in Kauf genommen werden. "No Silence, No Shame" möchte diese Anzahl mindern, indem sie die Erfahrungen der Hinterbliebenen öffentlich macht, die Auswirkungen der Todesstrafe aufzeigt.

Verlust erforschen

Sandra Jones, Forschungssoziologin und Professorin an der Rowan University in New Jersey, veröffentlichte eine Studie über die Frage der Trauer und des Verlusts bei Familien von Todeszelleninsassen. Jones hat drei Jahre damit verbracht, Beziehungen zu Familienmitgliedern von Todeszelleninsassen aufzubauen. Sie hat Kinder von Insassen ins Delaware County Gefängnis gebracht, damit sie ihre Väter sehen können, auch wenn sich die Familienangehörigen dagegen entschieden haben.

Sie baute eine besonders enge Beziehung zur Familie von Brian Steckel auf. Steckel wurde beschuldigt, die 29-jährige Sandra Lee Long vergewaltigt und ermordet zu haben. Jones war bei Steckels Hinrichtung im Jahr 2005 anwesend. Jetzt schreibt sie ein Buch über ihre persönlichen Erfahrungen mit Familien von Todeszelleninsassen. Sie glaubt, dass die Regierung diese Familien ignoriert, weil sie sich schuldig fühlt.

"Wenn das System diesen Familien die verdiente Aufmerksamkeit schenken würde, würden sie als heuchlerisch dastehen, da gerade dieses System ihre geliebten Mitmenschen tötet," sagt sie.

Weiterhin erklärt sie, dass Familien von Todeszelleninsassen oft vergessen werden, weil die hinterbliebenen Opfer sich nicht ins Licht der Öffentlichkeit bringen wollen. Sie fühlen sich schuldig und schämen sich für die Fehler ihrer Angehörigen. "Die Familien werden ebenfalls als Täter abgestempelt und so sehr stigmatisiert, dass sie sich nicht trauen, Aufmerksamkeit zu erregen. Sie tragen viel Schuld und viel Scham in sich. Sie fragen sich, was sie hätten besser machen können," erklärt sie.

Doppelte Verlierer

"Die Schriftstellerin Elizabeth Sharpen nennt sie 'doppelte Verlierer'", sagt Jones. "Viele der Insassen im Todestrakt haben eine Ehefrau oder einen Onkel oder ein anderes Familienmitglied ermordet. Den hinterbliebenen Familienmitgliedern wird vorgeworfen, den Ermordeten nicht wirklich geachtet zu haben, wenn sie den Verlust der geliebten Person in der Todeszelle betrauern."

Der Verlust eines Kindes an die Todesstrafe ist ein immerwährender Verlust. Es ist so, als hätte man "ein behindertes Kind, dass man bedauert, weil es so viele wichtigen Stationen im Leben verpasst". Es wird zu einer "Wunde, die die niemals heilt und bei jeder gescheiterten Berufung wieder aufreißt."

Der Unterschied zwischen dem Verlust eines Kindes an einen Mörder und dem Verlust an eine Todeszelle liegt darin, dass der zweite viel schmerzhafter ist, da es ein "niemals endendes Warten" bedeutet. Darauf zu warten, dass dein Sohn hingerichtet wird ist "grausam, weil du weißt, dass es passiert, doch nicht weißt, wann es passiert", sagt McWee, deren Sohn Jerry 14 Jahre nach dem Mord an ihrer Tochter Joyce durch Joyces Ehemann am 31. Dezember 1980 hingerichtet wurde.

"[Die Ermordung meiner Tochter] war ein Schock, doch [es war] nichts gegen das Gespenst der Todesstrafe, das 13 Jahre in meinem Kopf herum spukte," sagt sie. "Die Nachricht ihrer Ermordung kam unerwartet, das Warten hingegen ist grausam. Eines Tages rief er mich um 12:30h an und sagte 'Mutter, ich wurde bedient.' Ich wusste nicht was er meinte. Ich wusste nur, dass das Mittagessen um 11:30h serviert wurde, also sagte ich "Was meinst Du, Du wurdest bedient? Was hast Du zu Mittag gegessen? Er sagte, "Mutter, Du verstehst nicht. Sie haben mir den Hinrichtungsbefehl serviert - ich kenne nun den Tag meiner Hinrichtung."

Mord ist Mord

Selbst die Familien von Ermordeten sympathisieren mit Hinterbliebenen von staatlich Hingerichteten und finden es nicht gerecht, dass deren Schmerz anders als ihr eigener behandelt wird.

Reverend Walter Everett, Pastor in der St. Jones United Methodist Church in Sunbury, Conneticut verlor seinen Sohn Scott im Jahr 1987. Scott wurde von Mike Carducci in Easton, Conneticut ermordet. Der Pastor ist seit der Gründung Mitglied bei MVFHR. Er behauptet, dass er sich Eltern sehr nah fühlt, deren Kinder in der Todeszelle sitzen.

Everett findet es wichtig, die Menschen über die Todesstrafe zu informieren, ohne die Betroffenen anders als andere Opfer zu behandeln. Er reist durch das Land, um über die Erfahrungen zu sprechen, die er mit so vielen Familien teilt, deren Angehörigen durch die Todesstrafe hingerichtet wurden.

"Ich sehe sie genauso als Opfer wie mich. Diese Personen, egal was ihre Söhne oder ihre Töchter oder ihre geliebten Menschen getan haben, lieben sie immer noch. Also werden sie zu Opfern, wenn die Person getötet wird," sagt er. "Ich kenne viele Menschen, deren Familienangehörigen hingerichtet wurden. Ich sehe den Schmerz, den sie durchgemacht haben und ihre Geschichte muss ebenfalls erzählt werden, da ihr Schmerz genauso tief ist wie meiner."

Everett nahm an einer Nachtwache in Kalifornien teil, um die Hinrichtung von Clarence Ray Allen zu stoppen, einem 76-Jährigen blinden Mann, der im Rollstuhl sitzt. Allen wurde am 17. Januar 2006 hingerichtet, weil er drei Morde aus seiner Zelle organisierte, als er eine lebenslange Haftstrafe absaß. "Ich bin hingefahren und habe seine Kinder getroffen. Nette Leute. Und sie waren verletzt und verzweifelt, dass er da durch musste", sagt er.

Ein steriles System

Ehemalige Todeszelleninsassen, die begnadigt wurden, glauben fest daran, dass die Trauer ihrer Familien nur selten Aufmerksamkeit findet. Da Hinrichtungen nun hinter verschlossenen Türen stattfinden, ist das System "steril" geworden, meint Kirk Bloodsworth, der erste Insasse einer Todeszelle, der aufgrund eines DNA-Beweises begnadigt wurde.

Bloodsworth saß fast neun Jahre für die Vergewaltigung und Ermordung eines 9-jährigen Mädchens im Gefängnis, dem er niemals begegnet war. "Sie wollen die 'weinende Mutter' des hingerichteten Sohnes nicht zeigen. Egal was er getan hat, er bezahlt immer noch dafür und diesen Teil davon wollen sie nicht zeigen"; sagt er. "Sie hat keine Stimme. Sie hat einen Mörder großgezogen. So wird sie angeschaut, und es ist nicht einmal unbedingt ihre Schuld."

Bloodsworth wurde am 28. Juni 1993 frei gelassen, doch seine Mutter Jeanette lebte nicht lang genug, um ihn aus dem Gefängnis gehen zu sehen. Sie starb kurz zuvor im gleichen Jahr. Bloodsworth wurde in Ketten ins Leichenschauhaus gebracht, doch die Gefängnisbeamten ließen ihn nicht an ihrer Beerdigung teilnehmen. "Meine Mutter ist durch die Hölle gegangen. Ich war ihr Sohn und wurde hingerichtet. Niemand interessierte sich dafür, was sie zu sagen hatte. Ich denke es ist schrecklich, jemanden so zu behandeln," sagt er.

Rob Warden ist Direktor des "Center on Wrongful Conviction" [Zentrum für unschuldig Verurteilte] in Chicago und berichtet seit mehr als 25 Jahren über solche Fälle. Obwohl die Geschichten der Familienangehörigen von Insassen nicht immer nur ignoriert werden, konzentriert man sich doch hauptsächlich auf die Person, die "die Zelle verlässt", sagt Warden.

"Die Geschichten der Angehörigen von unschuldig Verurteilten werden generell übersehen", erklärt er. "Sie werden deutlich vom Schmerz der unschuldigen Person oder der letztendlich hingerichteten Person überschattet."

Das heißt aber nicht, dass diese Geschichten nicht erzählt werden sollten. Im Gegenteil: sie sollten nicht vergessen werden, meint Warden. "Wir sollten wissen, dass die Hinrichtung einer Person, egal wie ruchlos diese Person auch sein mag, immer das Ende dieser Person bedeutet," sagt Warden. "Doch der Schmerz, den Eltern, Geschwister oder Kinder ertragen müssen, ist für immer. Er wird nie versiegen. Er wird immer da sein. Er bleibt."


Federica Valabrega arbeitet als Fotografin und Journalistin in Washington D.C. (USA).

Übersetzung aus dem Englischen:

Onetranslations, Constanze Rüther, M.A., www.onetranslations.eu

Dieser Artikel erschien erstmals am 30. November 2009 auf evangelisch.de

4.000 Biker erinnern mit Gedenkfahrt an Verkehrstote

$
0
0
Rund 4.000 Motorradfahrer haben sich Polizeiangaben zufolge am Samstag an der 30. Gedenkfahrt für Unfallopfer von Salzgitter nach Braunschweig beteiligt.

Die Veranstaltung unter dem Motto "Bring den Frieden auf die Straße" gilt als größte, ehrenamtlich organisierte Gedenkfahrt bundesweit. Mit der Tour und einem Gottesdienst im Braunschweiger Dom wurde an sieben im vergangenen Jahr verunglückte Biker erinnert, sagte der evangelische Motorradfahrer-Seelsorger Reinhard Arnold.

Mit dem Gedenken sollte zu Beginn der neuen Saison an die Verantwortung der Biker im Umgang mit Gas und Bremse erinnert werden. Mit Gebeten und einer Schweigeminute gedachten die Gottesdienstbesucher der Toten. Veranstalter sind die Arbeitsgemeinschaft christlicher Motorradfahrer, weitere Motorradclubs, die Johanniter-Unfallhilfe und die Feuerwehr. In den vergangenen Jahren kamen Arnolds Angaben zufolge bis zu 10.000 Biker mit ihren Maschinen nach Salzgitter.

Viewing all 928 articles
Browse latest View live