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Patientenschützer: Nicht genug Ehrenamtliche für Hospizdienste

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Sterbebett eines Bewohners im Hospiz

Foto: epd-bild/Werner Krüper

Der Einsatz von Ehrenamtlichen bei der Begleitung sterbender Menschen ist nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz an seine Grenzen gekommen.

Der Einsatz von Ehrenamtlichen bei der Begleitung sterbender Menschen ist nach Ansicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz an seine Grenzen gekommen.

Vorstand Eugen Brysch forderte am Dienstag in Berlin mehr professionelle und mobile Palliativteams. Das Potenzial an Freiwilligen sei offenbar ausgeschöpft, erklärte Brysch und verlangte von der künftigen Bundesregierung ein Konzept, jedem Sterbenden die Fürsorge zu garantieren, die er brauche. Die freiwilligen Helfer leisteten eine wertvolle Hilfe, erreichten aber nur fünf Prozent der Sterbenden, sagte er.

Die Patientenschutz-Stiftung nahm die jüngsten Zahlen des Verbandes der Ersatzkassen (vdek) zum Anlass für ihre Forderung nach mehr professionellen Palliativteams. Danach hat sich die Zahl der Hospizdienste kaum erhöht - von 893 im Jahr 2016 auf 913 im vergangenen Jahr -, obwohl die finanzielle Förderung der Dienste seit 2016 ausgeweitet wurde. Die Krankenkassen fördern die häusliche Begleitung sterbenskranker Menschen durch Hospizdienste mit Zuschüssen zu den Personalkosten, Fahrt- und Sachkosten sowie zur Qualifizierung ehrenamtlicher Mitarbeiter.

Nach Angaben des Ersatzkassenverbandes gibt es bundesweit rund 40.000 Ehrenamtliche, die im Jahr 2016 etwa 53.000 sterbende Patienten begleiteten. Insgesamt haben die Krankenkassen die Hospizdienste 2017 mit 76 Millionen Euro unterstützt, die Ersatzkassen zahlten mit 28 Millionen den größten Anteil. Die Begleitung durch stationäre Hospize und ambulante Hospizdienste ist für Versicherte kostenlos.


Trauergottesdienst für erstochene Kandeler Schülerin

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Zwei Handflächen mit der Aufschrift "Mia warum"

Foto: dpa/Andreas Arnold

"Mia warum?", steht auf einem Stein vor dem Drogeriemarkt in Kandel , wo die Trauernden der 15-Jährigen gedenken. Heute findet der Trauergottesdienst statt.

Rund zwei Wochen nach der tödlichen Messerattacke auf eine 15-Jährige im rheinland-pfälzischen Kandel findet am Donnerstag der Trauergottesdienst statt.

In der Kandeler protestantischen St. Georgskirche könnten Angehörige und Gottesdienstbesucher ab 14 Uhr von der Verstorbenen Abschied nehmen und ihrer Trauer Raum geben, teilte die pfälzische Landeskirche am Dienstag in Speyer mit.

Foto-, Ton- und Filmaufnahmen sind der Landeskirche zufolge während des Gottesdienstes nicht gestattet. Vor allem die Privatsphäre der Familie der Verstorbenen solle geachtet werden. Die Beisetzung finde an einem anderen Termin im Kreis der engsten Angehörigen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, hieß es weiter. Seelsorger aller Konfessionen in Kandel beteiligten sich an der Gestaltung des Trauerprozesses für die Angehörigen sowie die Bürger von Kandel.

Die 15-Jährige war am 27. Dezember in einem Drogeriemarkt in der 8.500-Einwohner-Gemeinde von einem angeblich minderjährigen Flüchtling aus Afghanistan erstochen worden. Dieser soll zeitweise ihr Freund gewesen sein. Das Alter des ohne Ausweispapiere nach Deutschland eingereisten Tatverdächtigen will die Staatsanwaltschaft Landau nun mithilfe eines medizinischen Gutachtens klären lassen.

Trauergottesdienst für erstochene Schülerin in Kandel

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In der protestantischen St. Georgskirche in Kandel

Foto: dpa/Uli Deck

In der protestantischen St. Georgskirche in Kandel sind zum Trauergottesdienst Gebinde und Kerzen aufgestellt.

Seelsorger aller Konfessionen in Kandel hatten sich an der Gestaltung des Trauerprozesses für die Angehörigen beteiligt. Das getötete Mädchen soll im Kreis der engsten Angehörigen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem anderen Termin beigesetzt werden.

Im Trauergottesdienst am Donnerstag, 11. Januar 2017, für die vor zwei Wochen im rheinland-pfälzischen Kandel erstochene 15 Jahre alte Schülerin hat der evangelische Pfarrer Arne Dembek davor gewarnt, alle Flüchtlinge pauschal als Verbrecher zu verurteilen. Trotz allem Schmerz und aller Wut über ihre Tötung dürfe man sich nicht von Vorurteilen leiten lassen, sagte der Seelsorger der Familie des Mädchens am Donnerstag laut vorab veröffentlichtem Redemanuskript in seiner Trauerrede in der evangelischen St. Georgskirche in Kandel. Dringend tatverdächtig ist ein junger Mann aus Afghanistan.

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD), die nicht persönlich an der Trauerfeier teilnahm, sprach den Angehörigen ihr Mitgefühl aus. "Unsere Gedanken und unser tief empfundenes Mitgefühl sind mit den Eltern, der Familie und den Freunden des getöteten Mädchens", erklärte sie und äußerte ihre Solidarität mit dem Bürgermeister von Kandel und den Flüchtlingshelfern vor Ort, die "derzeit unglaublichen Anfeindungen ausgesetzt" seien.

Als Vertreter der Landesregierung nahmen der stellvertretende Ministerpräsident Volker Wissing (FDP) und Sozialministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD) an dem Trauergottesdienst teil. Die Bluttat müsse aufgeklärt und der Täter zur Rechenschaft gezogen werden, forderten die Politiker. Auch wenn der Verlust eines geliebten Menschen niemals wieder gut zu machen sei, stehe der demokratische Rechtsstaat dafür, dass dem Opfer und seinen Angehörigen Gerechtigkeit widerfahren müsse.

Das getötete Mädchen soll im Kreis der engsten Angehörigen und unter Ausschluss der Öffentlichkeit an einem anderen Termin beigesetzt werden. Seelsorger aller Konfessionen in Kandel hatten sich an der Gestaltung des Trauerprozesses für die Angehörigen beteiligt und waren Ansprechpartner für die Bürger von Kandel.

Die 15-Jährige war am 27. Dezember in einem Drogeriemarkt in der 8.500-Einwohner-Gemeinde von einem angeblich minderjährigen afghanischen Flüchtling erstochen worden. Dieser soll zeitweise ihr Freund gewesen sein. Das Alter des ohne Ausweispapiere nach Deutschland eingereisten Tatverdächtigen will die Staatsanwaltschaft Landau mit Hilfe eines medizinischen Gutachtens klären lassen.

Gutachten widerspricht Sterbehilfe-Urteil

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Der Jurist Udo di Fabio

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio hält das Urteil für den Zugang zu todbringenden Medikamenten für unzulässig und fordert den Gesetzgeber zum Handeln auf.

Mit seinem Urteil für den Zugang zu todbringenden Medikamenten sorgte das Bundesverwaltungsgericht für Schlagzeilen. Der Verfassungsrechtler Udo Di Fabio hält es für unzulässig und fordert den Gesetzgeber zum Handeln auf.

Das aufsehenerregende Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zur Abgabe tödlich wirkender Medikamente an Sterbewillige ist laut einem Gutachten verfassungsrechtlich nicht haltbar. Es gebe keine verfassungsrechtliche Schutzpflicht, Sterbewilligen für den Suizid notwendige Mittel zu verschaffen, heißt es in der am Montag veröffentlichten Expertise des früheren Richters am Bundesverfassungsgericht, Udo Di Fabio.

Die Entscheidung der Leipziger Richter, die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in der Pflicht sahen, Anträge auf todbringende Mittel zu prüfen, greife in unzulässiger Weise in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers ein, heißt es darin. Di Fabio fordert den Gesetzgeber auf, Maßnahmen gegen den Vollzug des Urteils zu ergreifen. Das Bundesinstitut in Bonn hatte den Verfassungsrechtler mit dem Gutachten beauftragt.

Gröhe: Bundestag soll mit neuem Gesetz Klarheit schaffen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), der  die Aufsicht über das Bundesinstitut hat, forderte den Bundestag auf, mit einem neuen Gesetz Klarheit bei der Hilfe zur Selbsttötung zu schaffen. "Eine staatliche Behörde darf niemals Helfershelfer einer Selbsttötung werden", sagte der geschäftsführende Minister der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag). Gröhe erinnerte daran, dass der Bundestag im Herbst 2015 die organisierte Sterbehilfe mit großer Mehrheit verboten und zugleich die Versorgung Sterbenskranker verbessert habe.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im März 2017 entschieden, dass das Bundesinstitut in "extremen Notlagen" dazu verpflichtet sein kann, die Erlaubnis für den Erwerb tödlich wirkender Mittel wie beispielsweise Natrium-Pentobarbital zu erteilen. Zumindest müsse es die Anträge prüfen, entschieden die Richter in Leipzig. Das Institut vertrat dagegen die Auffassung, dass diese Erlaubnis nicht zu seinen Kompetenzen gehört. Im konkreten Fall ging es um den Sterbewunsch einer vom Hals abwärts gelähmten Frau.

Das Urteil sorgte für einen Aufschrei bei vielen Politikern. Erst im November 2015 hatte der Bundestag das Verbot organisierter Assistenz beim Suizid verabschiedet. Der Deutsche Ethikrat sah durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts dieses Gesetz konterkariert. Zudem wurden Zweifel geäußert, wie eine Behörde wie das Bonner Institut entscheiden soll, ob ein Sterbewunsch legitim ist oder nicht.

"Der Gesetzgeber ist berechtigt, die Mittel zu verweigern, wenn er in einer 'Assistenz' zur Selbsttötung zugleich Gefahren einer künftig entstehenden Routine zur Verabreichung tödlich wirkender Substanzen bis hin zur gesellschaftlichen Erwartung des Suizids erkennt", schreibt Di Fabio in seinem Gutachten. Zur Begründung der Leipziger Richter, die in ihrem Urteil vor allem auf das Persönlichkeitsrecht abstellten, schreibt der Jurist, die freie individuelle Entscheidung habe ein außergewöhnlich hohes Gewicht. Selbstbestimmung führe aber nicht zu einer Pflicht zur Beteiligung des Staates an einer höchstpersönlichen Entscheidung.

Di Fabio sieht in dem Urteil zudem einen Verstoß gegen die Gewaltenteilung. Mit seiner Gesetzesinterpretation setze das Bundesverwaltungsgericht an die Stelle des Willens des Gesetzgebers seinen eigenen rechtspolitischen Willen, heißt es in der Zusammenfassung des knapp 120-seitigen Gutachtens. Dies sei verfassungsrechtlich unzulässig.

Das Bundesinstitut prüft das Gutachten nun. Di Fabio skizziert darin mehrere Szenarien, wie die Behörde damit umgehen kann. Wegen verfassungsrechtlicher Bedenken könne das Institut die Erlaubnis zum Erwerb der Mittel weiter verweigern. Sie riskiere damit aber eine Rechts- und Amtspflichtverletzung, schreibt er. Di Fabio plädiert für eine Klarstellung des Gesetzgebers. Bis dahin wäre ein Nichtanwendungserlass des zuständigen Bundesministers angezeigt, schreibt er. Die Bundesregierung könne auch beim Bundesverfassungsgericht per Normenkontrolle gegen die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichts klagen.

Nach dem Leipziger Urteil waren beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte weitere Anträge zum Erwerb todbringender Medikamente eingegangen. Wie ein Sprecher sagte, liegen derzeit 83 entsprechende Anträge vor.

 

Sterbehilfe: Diskussion um Umgang mit Rechtsgutachten

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Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

Foto: dpa/Uli Deck

Das Bundesverfassungsgericht befindet, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verpflichtet sein kann, Patienten in "extremen Notlagen" den Erwerb todbringender Mittel zu gestatten.

Ein Rechtsgutachten über das umstrittene Urteil zur staatlich legitimierten Abgabe tödlich wirkender Medikamente hat eine Diskussion über neue gesetzliche Regelungen entfacht. Der Ethikrat plädiert für gesetzliche Klarstellung.

Das Gutachten mache abermals deutlich, "dass solche Fragen nicht durch Gerichte geklärt werden können, nicht einmal durch das Bundesverfassungsgericht", sagte der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Peter Dabrock, dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Der Gesetzgeber, also das Parlament, muss jetzt handeln." Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hält das für "verfehlt". Das Bundesverfassungsgericht müsse für Klarheit sorgen, forderte er.

Das am Montag veröffentliche Gutachten des ehemaligen Richters am Bundesverfassungsgericht, Udo Di Fabio, kommt zu dem Schluss, dass das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts verfassungsrechtlich nicht haltbar ist. Die Leipziger Richter hatten im März 2017 entschieden, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte verpflichtet sein kann, Patienten in "extremen Notlagen" den Erwerb todbringender Mittel zu gestatten. Das Urteil sorgte für einen Aufschrei unter Experten. Die Erlaubnis für den Erwerb tödlich wirkender Medikamente galt bis dahin als Tabu. Kritiker äußerten Zweifel daran, dass eine Behörde die richtige Stelle ist, um über legitime oder nicht legitime Sterbewünsche zu entscheiden.

Di Fabio argumentiert, es gebe keine verfassungsrechtliche Schutzpflicht, Sterbewilligen für den Suizid notwendige Mittel zu verschaffen. Zudem warf er dem Bundesverwaltungsgericht vor, in unzulässiger Weise in den Kompetenzbereich des Gesetzgebers einzugreifen. Der Bundestag hatte 2015 die organisierte Beihilfe zum Suizid unter Strafe gestellt. Kritiker des Urteils, darunter eine Mehrheit des Deutschen Ethikrats, sahen dieses Gesetz durch das Leipziger Urteil konterkariert.

Dessen Vorsitzender Dabrock sieht daher jetzt auch den Gesetzgeber in erster Linie zum Handeln aufgefordert. "Es stünde unserem Gemeinwesen gut an, diese für das Zusammenleben elementare Frage offen und dann ohne Fraktionsdisziplin im Bundestag zu diskutieren und dort gesetzliche Klarheit zu schaffen", sagte der evangelische Theologe und Sozialethiker. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) plädierte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag) ebenfalls für ein neues Gesetz. "Eine staatliche Behörde darf niemals Helfershelfer einer Selbsttötung werden", sagte Gröhe.

Zwar einig im Ziel, das Urteil nicht zur Umsetzung gelangen zu lassen, widerspricht die Stiftung Patientenschutz dem Gesundheitsminister aber beim Weg dahin. Es könne nicht sein, "dass der Gesetzgeber durch eine fragwürdige Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts voreilig zum Handeln gezwungen wird", sagte Brysch dem epd. Er plädierte dafür, dass die Bundesregierung Normenkontrollklage beim Bundesverfassungsgericht einreicht und damit das höchste deutsche Gericht entscheiden lässt. Auf diese Variante verweist Di Fabio neben der Möglichkeit einer gesetzlichen Klarstellung auch in seinem Gutachten.

Brysch sagte, das neue Gesetz sei keine Lösung für die bislang 83 Antragsteller. Beim Bundesinstitut waren in der Folge des Urteils weitere Anträge auf den Erwerb tödlich wirkender Medikamente eingegangen. Aktuell liegen 83 Anträge vor, über die erst entschieden werden soll, wenn Klarheit über die Rechtslage herrscht. Das Bundesinstitut prüft derzeit das Gutachten, das es selbst bei Di Fabio in Auftrag gegeben hatte.

Pakistans bekannteste Menschenrechtsanwältin tot

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Pakistans bekannteste Menschenrechtsanwältin ist tot: Die 66-jährige Asma Jahangir starb am Sonntag in Lahore an den Folgen eines Herzinfarktes. Das berichteten pakistanische Medien unter Berufung auf die Familie Jahangirs.

Die Anwältin setzte sich vier Jahrzehnte lang für die Rechte von Frauen, religiösen Minderheiten und Kindern in Pakistan ein. Sie war Mitbegründerin der pakistanischen Menschenrechtskommission und von 1987 bis 2011 deren Vorsitzende.

Als Verfechterin einer demokratischen Staatsordnung wurde Jahangir im Laufe ihres Lebens vielfach bedroht und zahlreiche Male inhaftiert, insbesondere in Zeiten von Militärdiktaturen. Als Mitbegründerin der Anwältebewegung gegen den damaligen Militär- und Regierungschef Pervez Musharraf wurde sie 2007 drei Monate lang unter Hausarrest gestellt. Sie erhielt immer wieder Todesdrohungen, erlebte Gewalt und mysteriöse Hauseinbrüche. Zwei Anschläge auf sich und ihre Familie hatte die Menschenrechtsaktivistin überlebt.



Der Oberste Richter Pakistans, Mian Saqib Nisar, würdigte die Anwältin als "tapfere Frau, die kein Blatt vor den Mund nahm".  Auch andere pakistanische Richter betrauerten den Tod von Jahangir. Die Juristin hatte zahlreiche nationale und internationale Auszeichnungen erhalten, unter anderem den Martin-Ennals-Menschenrechtspreis.

Göttinger Theologe Manfred Josuttis gestorben

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Der Göttinger evangelische Theologe Manfred Josuttis ist tot. Er starb am vergangenen Freitag (9. Februar) im Alter von 81 Jahren, wie die Theologische Fakultät der Universität Göttingen mitteilte.

Seine Bücher zu den Themen Predigt und Seelsorge gelten seit Jahrzehnten als Standardwerke für Pfarrer. Mit Josuttis verliere die akademische Welt "einen innovativen Denker, prägenden Lehrer und kritischen Begleiter der Praxis des Evangeliums", würdigte ihn die Fakultät.

Josuttis wurde 1936 im damaligen ostpreußischen Insterburg geboren und studierte Evangelische Theologie in Wuppertal, Bonn und Göttingen. Er arbeitete sechs Jahre als Pfarrer im Hunsrück, bevor er 1968 auf den Lehrstuhl für Praktische Theologie in Göttingen berufen wurde, den er bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2001 innehatte. Josuttis war seit 1992 Mitglied der Europäischen Akademie für Wissenschaften und Künste in Salzburg und zugleich Universitätsprediger an der Göttinger Kirche St. Nicolai.

 

Verein lädt zu Gedenk-Andacht für Suizid-Opfer

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Suizid

Foto: Getty Images/iStockphoto/Ben Harding

Symbolbild

Der Verein "Trees of Memory" ("Bäume der Erinnerung") lädt für Samstag zu einer Gedenk-Andacht für Suizid-Opfer und deren Hinterbliebene ins oberfränkische Coburg ein.

Die interkonfessionelle Andacht (17. Februar, 11.30 Uhr) in der historischen evangelischen St.-Moriz-Kirche in Coburg sei die bundesweit erste dieser Art, erklärte der im November 2017 gegründete Verein am Mittwoch. "Trees of Memory" ist ein Projekt des Journalisten Mario Dieringer aus Offenbach. Unter den elf Gründungsmitgliedern ist auch Walter Kohl, dessen Mutter Hannelore, Ehefrau des ehemaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl (CDU), sich 2001 das Leben nahm.

Am 31. März startet Dieringer in Frankfurt am Main zu einem Lauf um die Welt, bei dem er "Bäume der Erinnerung" für Suizid-Opfer pflanzen möchte, wie es weiter hieß. Damit will er international auf vielfältige Behandlungsmöglichkeiten für Depressionen und auf steigende Suizid-Zahlen aufmerksam machen. Dieringer war den Angaben zufolge selbst vor Jahren an Depressionen erkrankt und überlebte einen Suizidversuch. Den Impuls für die "Bäume der Erinnerung" habe ihm der Tod seines Partners gegeben, der sich zu Ostern 2016 das Leben nahm.


Baptistenprediger Billy Graham gestorben

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Billy Graham

Foto: Nell Redmond/FR25171 AP/dpa/Nell Redmond

Billy Graham galt als "Amerikas Pastor", mehrere Präsidenten suchten seinen Rat.

Der US-amerikanische Baptistenpastor und Erweckungsprediger Billy Graham ist im Alter von 99 Jahren in seinem Haus in Montreat, North Carolina, gestorben, teilte die Billy Graham Evangelistic Association am Mittwoch über einen Sprecher mit.

Billy Graham soll in seinem Leben vor mehr Menschen als irgendjemand anderes gepredigt haben, beinahe 215 Millionen Menschen in mehr als 185 Ländern sollen ihn gehört haben, wie die Billy Graham Evanglist Association in einem Porträt schreibt. Hundert Millionen weitere soll er über Fernsehen, Video, Film und das Internet erreicht haben.

Graham führte von den 1950er-Jahren bis zum Jahr 2000 Massenevangelisationen, sogenannte "crusades" (englisch für Kreuzzüge), durch. In Deutschland führte er in Verbindung mit der Evangelischen Allianz insgesamt fünf "crusades" durch. Die bekannteste unter ihnen war die Euro '70, die in Dortmund stattfand und in viele Großstädte Deutschlands live übertragen wurde. Er war in den 1990er-Jahren ebenfalls am Aufbau von ProChrist beteiligt.

Graham litt an Parkinson sowie an Prostatakrebs und beendete im Jahre 2000 seine Missionsarbeit. Er predigte jedoch auch später noch vor großem Publikum.

Evangelikale Organisationen würdigen Billy Graham

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US-Evangelist Billy Graham

Foto: Werner Kreusch/AP/dpa/

US-Evangelist Billy Graham sprach am 27.06.1954 vor 100.000 Zuhörern im Olympiastadion in Berlin. Nun ist er im Alter von 99 Jahren gestorben.

Evangelikale Organisationen in Deutschland haben die missionarische Leistung des verstorbenen US-Baptistenpredigers Billy Graham gewürdigt. Graham habe unzweifelhaft nicht nur weltweit, sondern gerade auch in Deutschland viele Spuren hinterlassen, erklärte die theologisch konservative Deutsche Evangelische Allianz im thüringischen Bad Blankenburg.

Graham habe seit den 50-er Jahren auch Tausende Deutsche zum christlichen Glauben geführt. "'Mr. Bible' war in der Verkündigung der frohen Botschaft unmissverständlich klar, elementar, für jedermann verständlich", erklärte der Generalsekretär der Allianz, Hartmut Steeb. In persönlichen Begegnungen habe er Graham "als zielstrebig, aber den Menschen nah und sehr bescheiden wahrgenommen".

Auch der Verein "Geschenke der Hoffnung"äußerte Trauer über Grahams Tod. Die Wurzeln des christlichen Hilfswerks gingen auf Graham zurück, erklärte die Organisation in Berlin. Der geschäftsführende Vorstand Bernd Gülker sagte, Graham sei für ihn "der bedeutendste Prediger des 20. Jahrhunderts, einer der einflussreichsten Christen und ein begabter Redner" gewesen. "Geschenke der Hoffnung" mit Sitz in Berlin ist vor allem als Träger der Geschenke-Aktion "Weihnachten im Schuhkarton" für Kinder in Not bekannt. Graham war am Mittwochmorgen (Ortszeit) im Alter von 99 Jahren im US-Staat North Carolina gestorben.

Priester in Berlin getötet

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In Berlin ist am Donnerstagabend ein Priester der französischsprachigen Kirchengemeinde Paroisse Catholique Francophone getötet worden.

Nach Angaben der Berliner Polizei vom Freitag wurden Polizeibeamte gegen 23 Uhr wegen eines lautstarken, auf Französisch geführten Streits in die Schillerstraße in Berlin-Charlottenburg gerufen. Dort fanden sie in den Räumen des Gemeindebüros die Leiche eines Mannes vor. 

Eine Obduktion bestätigte den Verdacht auf ein Tötungsdelikt. Am Freitagmittag sei ein Tatverdächtiger auf dem Dachboden eines Wohnhauses in Berlin-Reinickendorf festgenommen worden. Über ein Motiv der Tat sei noch nichts bekannt. Die Mordkommission ermittele, hieß es. Auch ob es sich bei dem Getöteten um einen Mitarbeiter der Kirchengemeinde handelt, sei bislang noch nicht zweifelsfrei geklärt. 

Nach Angaben des Erzbistums Berlin ist das Opfer der aus dem Kongo stammende Gemeindepfarrer Alain-Florent Gandoulou. "Nach unserer Kenntnis handelt es sich um Pater Gandoulou", sagte Stefan Förner, Pressesprecher des Erzbistums Berlin, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Am Sonntag um 11 Uhr soll in der St.-Thomas-von-Aquin-Kirche in der Schillerstraße unter Leitung des Berliner Generalvikars Pater Manfred Kollig ein Trauergottesdienst für den Priester stattfinden. Bereits am Freitag versammelten sich Medienberichten zufolge Trauernde in der Räumen der Kirche. 

Alain-Florent Gandoulou wurde nach Angaben des Erzbistums am 11. August 1963 in Brazzaville (Kongo) geboren und 1991 zum Priester geweiht. Seit 2009 leitete er die Katholische Französischsprachige Mission in Berlin. Die 1945 gegründete Paroisse Catholique Francophone ist eine Kirchengemeinde französischsprachiger katholischer Christen des Erzbistums Berlin. Sie gehört zur Herz Jesu-Gemeinde in Alt-Lietzow.

Mindestens 38 Tote bei zwei Terroranschlägen in Mogadischu

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Bei zwei Terroranschlägen sind in Somalias Hauptstadt Mogadischu mindestens 38 Menschen ums Leben gekommen.

Am späten Freitagabend sei zunächst eine Autobombe vor dem Präsidentenpalast detoniert, berichtete der somalische Radiosender Shabelle. Ein zweiter Sprengsatz zündete kurze Zeit später vor der Geheimdienstzentrale, unweit eines Hotels. Bei einem Feuergefecht wurden nach Angaben der somalischen Regierung fünf Terroristen getötet. Sie sollen zur islamistischen Bewegung Al-Shabaab gehören, die sich am Samstag zu dem Anschlag bekannte.

Al-Shabaab versteht sich mehrheitlich als Teil des Terrornetzwerks Al-Kaida und bekämpft die von den Vereinten Nationen unterstützte somalische Regierung. Die Miliz wurde mit Hilfe der afrikanischen Eingreiftruppe Amisom, die mit 22.000 Soldaten vor Ort ist, aus Mogadischu und anderen Landesteilen vertrieben, verübt aber weiter Anschläge. Beim bislang schwersten Anschlag der Gruppe waren im Oktober 2017 geschätzte 500 Menschen ums Leben gekommen.

Trauergottesdienst für getöteten Priester

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In der Berliner St.-Thomas-von-Aquin-Kirche ist am Sonntag mit einem Trauergottesdienst an den am Donnerstagabend getöteten Priester Alain-Florent Gandoulou erinnert worden.

Mitglieder der französischsprachigen Kirchengemeinde Paroisse Catholique Francophone versammelten sich dazu am späten Vormittag in dem Charlottenburger Gotteshaus. Eine Polizeisprecherin bestätigte am Sonntag, dass ein 26 Jahre alter Mann aus Kamerun als mutmaßlicher Täter in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht wurde.

Generalvikar Pater Manfred Kolling vom katholischen Erzbistum Berlin sagte in seiner Predigt in dem Trauergottesdienst, der schreckliche Tod von Pater Alain-Florent Gandoulou führe die Menschen auch eine Grenze. Der Tod des Priesters sei für alle ein sehr trauriger Moment. Das Erzbistum Berlin schließe sich der frankophonen Gemeinschaft an und teile Trauer und Hoffnung. Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Kolling die Gläubigen dazu eingeladen, für eine Minute schweigend zu verharren.

Polizeibeamte waren am späten Donnerstagabend wegen eines lautstarken, auf Französisch geführten Streits in die Schillerstraße nach Berlin-Charlottenburg gerufen worden. Dort fanden sie in den Räumen des Gemeindebüros die Leiche des Priesters vor. Der Mitfünfziger wurde nach den Ergebnissen der Obduktion getötet. Am Freitagmittag war dann ein Tatverdächtiger auf dem Dachboden eines Wohnhauses in Berlin-Reinickendorf festgenommen worden. Zu einem möglichen Motiv machte die Berliner Polizei auch am Sonntag keine Angabe. Die Ermittlungen der Mordkommission liefen weiter, sagte eine Sprecherin.

Alain-Florent Gandoulou wurde nach Angaben des Erzbistums am 11. August 1963 in Brazzaville (Kongo) geboren und 1991 zum Priester geweiht. Seit 2009 leitete er die Katholische Französischsprachige Mission in Berlin. Die 1945 gegründete Paroisse Catholique Francophone ist eine Kirchengemeinde französischsprachiger katholischer Christen des Erzbistums Berlin. Sie gehört zur Herz Jesu-Gemeinde in Alt-Lietzow.

Bildhauer Brummack wird in vergoldetem Hasen bestattet

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Grabmal "Vogeltränke" in der Künstler-Nekropole im Kasseler Habichtswald

Foto: Frieder Blickle/laif/VG-Bildkunst

Der documenta-Teilnehmer Heinrich Brummack wird im Mai an einem von ihm selbst geschaffenen Grabmal "Vogeltränke" in der Künstler-Nekropole im Kasseler Habichtswald bestattet.

Der documenta-Teilnehmer Heinrich Brummack wird im Mai an einem von ihm selbst geschaffenen Grabmal in der Künstler-Nekropole im Kasseler Habichtswald bestattet.

Die Asche des am 21. Februar im Alter von 82 Jahren in Burgau verstorbenen Künstlers werde in einer Urne in Form eines vergoldeten Hasen beigesetzt, teilte die Stadt Kassel am Montag mit. Die Urne befinde sich zurzeit noch im Kasseler Museum für Sepulkralkultur. Brummack, der auf der documenta 8 (1987) ausstellte, hatte in der Künstler-Nekropole 1997 das Grabmal "Vogeltränke" aus Granit geschaffen. Dabei handelt es sich um eine große Schale, die auf zwei Sarkophagen ruht.

Die 1992 gegründete Künstler-Nekropole liegt im Habichtswald am Stadtrand von Kassel. Rund um den Blauen See, einem stillgelegten Steinbruch, errichten namhafte Künstlerinnen und Künstler zu Lebzeiten ihre eigenen Grabmäler, um sich dort bestatten lassen. Initiator und Stifter war der Künstler, Tänzer und Professor für Bildhauerei an der Kasseler Kunstakademie sowie Teilnehmer der documenta 3, Harry Kramer (1925-1997).

 

Kardinal Lehmann gestorben

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Der frühere Mainzer Bischof Karl Lehmann ist tot. Der Kardinal starb am frühen Sonntagmorgen im Alter von 81 Jahren, wie das Bistum Mainz mitteilte.

Lehmann galt in den vergangenen Jahrzehnten als einer der prägendsten Repräsentanten der katholischen Kirche, von 1987 bis 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er genoss den Ruf eines verhältnismäßig liberalen Vordenkers und besonnenen Reformers.

Lehmann, der Philosophie und Theologie studierte, empfing 1963 die Priesterweihe. Von 1962 bis 1965 nahm er als Mitarbeiter des Theologen Karl Rahner (1904-1984) am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teil, dessen weitreichende Beschlüsse die Öffnung der römisch-katholischen Kirche hin zur modernen Welt und zur Ökumene einleiteten. Ab 1968 unterrichtete er als Theologieprofessor an den Universitäten Mainz und Freiburg, bis er 1983 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Mainz ernannt wurde.



Im langwierigen Streit um den vom Vatikan geforderten Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung musste Lehmann sich 1999 einem Machtwort von Johannes Paul II. beugen. 2001 verlieh der Papst dem Mainzer Bischof überraschend die Kardinalswürde, nachdem Lehmann zuvor auffallend lange nicht in den Kreis der Kardinäle aufgenommen worden war.

Bistum Mainz trauert um Kardinal Karl Lehmann

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Der frühere Mainzer Bischof Karl Lehmann ist tot.

Foto: epd-bild/Andrea Enderlein

Der frühere Mainzer Bischof Karl Lehmann ist tot. Der Kardinal starb am frühen Sonntagmorgen im Alter von 81 Jahren, wie das Bistum Mainz mitteilte.

Der frühere Mainzer Bischof Karl Lehmann ist tot. Der Kardinal starb am frühen Sonntagmorgen im Alter von 81 Jahren, wie das Bistum Mainz mitteilte.

Lehmann galt in den vergangenen Jahrzehnten als einer der prägendsten Repräsentanten der katholischen Kirche, von 1987 bis 2008 war er Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. Er genoss den Ruf eines verhältnismäßig liberalen Vordenkers und besonnenen Reformers. Nach seiner Emeritierung mit 80 Jahren im Mai 2016 hatte er im vergangenen September einen Schlaganfall und eine Hirnblutung erlitten.

Lehmanns Nachfolger, Bischof Peter Kohlgraf, schrieb in einem Brief an die Gemeinden und Mitarbeiter des Bistums: "Das Bistum Mainz trauert um einen weit über die Kirche hinaus hoch anerkannten Theologen und Seelsorger, einen leidenschaftlichen Brückenbauer zwischen den Konfessionen und einen Zeugen des Glaubens inmitten der Gesellschaft." Zum Tod Lehmanns werde die größte Glocke des Mainzer Doms, die Martinus-Glocke, am Sonntag um 14.30 Uhr eine halbe Stunde lang läuten.



Lehmann, der Philosophie und Theologie studierte, empfing 1963 die Priesterweihe. Von 1962 bis 1965 nahm er als Mitarbeiter des Theologen Karl Rahner (1904-1984) am Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) teil, dessen weitreichende Beschlüsse die Öffnung der römisch-katholischen Kirche hin zur modernen Welt und zur Ökumene einleiteten. Ab 1968 unterrichtete er als Theologieprofessor an den Universitäten Mainz und Freiburg, bis er 1983 von Papst Johannes Paul II. zum Bischof von Mainz ernannt wurde. 

Im langwierigen Streit um den vom Vatikan geforderten Ausstieg der katholischen Kirche aus der Schwangerenkonfliktberatung musste Lehmann sich 1999 einem Machtwort von Johannes Paul II. beugen. 2001 verlieh der Papst dem Mainzer Bischof überraschend die Kardinalswürde, nachdem Lehmann zuvor auffallend lange nicht in den Kreis der Kardinäle aufgenommen worden war.

Volkstribun und Theoretiker

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Der langjährige Mainzer Bischof Karl Lehmann ist gestorben
Bischof Karl Lehmann verstorben

Foto: epd bild/Kristina Schäfer

Im vergangenen September erlitt Lehmann einen Schlaganfall und eine Hirnblutung. Nun ist der beliebte, katholische Würdenträger verstorben.

Kaum ein katholischer Würdenträger in Deutschland war in den vergangenen Jahrzehnten ähnlich populär wie der langjährige Mainzer Bischof Karl Lehmann. Innerkirchlich konnte sich der Theologe aber oft nicht gegen Widerstände durchsetzen.

Als junger Theologe erlebte er den Aufbruch der katholischen Kirche nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) mit. Als langjähriger Mainzer Bischof und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz erwarb er sich weit über sein Bistum und die katholische Kirche hinaus höchsten Respekt. Kardinal Karl Lehmann hat die Entwicklungen innerhalb seiner Kirche in Deutschland über Jahrzehnte hinweg entscheidend mitgeprägt, doch ihm fehlte die Macht, weitreichende Reformen durchzusetzen. Am frühen Sonntagmorgen verstarb er im Alter von 81 Jahren.

In seiner Wahlheimat Mainz entwickelte Lehmann im Laufe seiner 32-jährigen Amtszeit Qualitäten eines Volkstribuns, dem auch Nichtkatholiken mit großer Sympathie begegneten: Man konnte den Bischof mit Fan-Schal im Fußballstadion treffen oder bei der Mainzer Fastnacht. Gleichzeitig blieb der 1936 in Sigmaringen geborene Sohn eines Volksschullehrers immer voller Leidenschaft der wissenschaftlichen Theologie verbunden. Seine riesige Privatbibliothek ist legendär, seine kolossale Veröffentlichungsliste umfasst über 4.200 gedruckte Texte. Wenn er alte Weggefährten aus Hochschulzeiten traf, mit denen er diskutieren konnte, wirkte Lehmann oft besonders glücklich.

Als wissenschaftlicher Assistent des Theologen Karl Rahner (1904-1984) hatte der junge Lehmann noch selbst am Konzil in Rom teilgenommen, jener historischen Versammlung, mit der sich die katholische Kirche zur modernen Welt hin öffnete. Auch nach der Priesterweihe blieb Lehmann zunächst der Wissenschaft treu. Die Jahre als Hochschulprofessor an der Universität Freiburg, so räumte er kurz vor dem Wechsel in den Ruhestand ein, gehörten zu den "schönsten in meinem Leben".

Als Bischof von Mainz ab 1983 und an der Spitze der Deutschen Bischofskonferenz ab 1987 genoss er den Ruf eines verhältnismäßig liberalen Vordenkers, der sich auch stark für die Ökumene einsetzte, ohne dabei vom Vatikan gesetzte rote Linien zu überschreiten. In all den Jahren verheimlichte er nie, dass er sich bei den großen Streitthemen wie dem Zölibat und der Rolle von Frauen größere Veränderungen wünschte, als sie in der katholischen Kirche durchsetzbar waren. Das machte ihm auch persönlich zu schaffen.

"Große Liebe gibt es auch in der Kirche nicht ohne das Leiden", formulierte er in einem seiner Bücher. "Jeder, der in der Nachfolge des Herrn steht und schmerzlich die Wirklichkeit der Kirche erfährt, kennt diese Zerreißprobe." Im Streit über den vom Vatikan geforderten Ausstieg aus der Schwangerenkonfliktberatung scheute er selbst vor einer Auseinandersetzung mit Papst Johannes Paul II. nicht zurück. "Wir haben gekämpft, und wir haben verloren", kommentierte er 1999 schließlich das Machtwort aus Rom. Auffällig lange wurde Lehmann ausgespart, wenn der polnische Papst den Kreis der Kardinäle erweiterte. Erst 2001 wurde auch dem Mainzer Bischof die Ehre zuteil.



Lehmanns letzte Dienstjahre waren bereits von ernsthaften gesundheitlichen Problemen überschattet, er habe "Raubbau" an seiner Gesundheit betrieben, sagte der Kardinal über sich selbst. Seinen Abschied aus dem Bischofsamt im Mai 2016 betrachtete er mit einer Mischung aus Wehmut und Erleichterung. Manche seiner Ausführungen klangen da fast resigniert: Allenfalls in langsamen Schritten werde sich die katholische Weltkirche weiterentwickeln - trotz des Schwungs von Papst Franziskus: "Die Starrköpfe sitzen an verschiedenen Stellen, und man kann nur hoffen, dass der Papst lange lebt und gesund bleibt."

Nur Wochen nach seinem letzten großen Gottesdienst, der Bischofsweihe seines Nachfolgers Peter Kohlgraf im August 2017, erlitt Lehmann im vergangenen September einen Schlaganfall. Seither konnte er keine öffentlichen Termine mehr wahrnehmen.

8.000 Menschen bei Trauerfeier für Kardinal Lehmann

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Vor dem Mainzer Dom ist am Mittwoch auf einer Videoleinwand ein Porträt des verstorbenen Kardinals Karl Lehmann zu sehen.

Foto: epd-bild/Heike Lyding

Kardinal Lehmann wird in der Bischofsgruft des Doms bestattet.

Rund 8.000 Menschen haben nach Polizeiangaben an der Trauerfeier zur Beisetzung von Kardinal Karl Lehmann teilgenommen. Der Mainzer Dom sei schon lange vor Beginn des Gottesdienstes am Mittwochnachmittag mit 1.300 Trauergästen besetzt gewesen, sagte ein Polizeisprecher dem Evangelischen Pressedienst (epd).

In einem feierlichen Trauerzug wurde der schlichte Holzsarg im Schritttempo durch die von schweigenden Menschen gesäumten Gassen der Mainzer Altstadt gefahren. 350 ausgewählte Teilnehmer zogen in strenger Ordnung von der Augustinerkirche zum Bischofsportal des Mainzer Doms.

Fahnenträger eröffneten den Trauerzug, hinter ihnen gingen Messdiener. Dann folgten Priester und Mitglieder von leitenden Bistumsgremien, den Domkapiteln. Ihnen schlossen sich Vertreter der Ökumene und der evangelischen Kirchen an, darunter der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm. Darauf folgten Bischöfe und Kardinäle, unter ihnen der Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic, als Vertreter des Papstes und der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx.

Vor dem weißen Leichenwagen trugen ehemalige Bischofssekretäre die Insignien Lehmanns: Bischofsmütze, Stab und das Heilige Lektionar. Hinter dem Wagen beschlossen Angehörige und Mitarbeiter den Zug.

Zum Trauergottesdienst im Dom reisten Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und weitere rund 300 Ehrengäste an. Darunter waren die neue Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) als Vertreterin der Bundesregierung sowie die Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg, Malu Dreyer (SPD), Volker Bouffier (CDU) und Winfried Kretschmann (Grüne). Für Trauernde, die keinen Platz im Dom fanden, wurde der Gottesdienst auf einer Großleinwand am Liebfrauenplatz übertragen.

Lehmann war am 11. März im Alter von 81 Jahren in seinem Mainzer Haus gestorben, nachdem er im Herbst 2017 einen Schlaganfall erlitten hatte. Der populäre Mainzer Bischof galt in den vergangenen Jahrzehnten als einer der bedeutendsten Repräsentanten der katholischen Kirche in Deutschland. Fast 33 Jahre lang stand er an der Spitze des Bistums Mainz, von 1987 bis 2008 war er außerdem Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In seiner Amtszeit hatte sich Lehmann für Reformen in der katholischen Kirche und für einen Ausbau der Ökumene starkgemacht.

Qu(e)er gelesen: David und Jonathan

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 Que(e)r gelesen: David und Jonathan

Foto: privat

Es ging um Macht und Einfluss, um Ruhm und Ehre und um die Nachfolge als König. Aber es ging noch um mehr: um eine außergewöhnliche Männerfreundschaft.

Die Geschichte trug sich etwa 1000 vor Christus im heutigen Isarel zu. Die Soldaten von König Saul, dem ersten König von Israel, kämpften gegen die Philister. Es war ein Volk, das an der Mittelmeerküste lebte. Sie siedelten ungefähr dort, wo sich heute der Gazastreifen befindet. Die Kriegsparteien lieferten sich eine Schlacht nach der anderen. Keine Seite konnte den Krieg endgültig für sich entscheiden. Das ist der Hintergrund der Geschichte zwischen David und Jonathan (1. Samuel 28 - 2. Samuel 1).

Nach biblischem Zeugnis kam es zu einer bedeutsamen Schlacht zwischen Israel und den Philistern. Goliath war ein riesiger Mann und der stärkste Krieger der Philister. Er forderte die Soldaten von Saul, dem König Israels, heraus. Einer sollte gegen ihn kämfen. Der Gewinner des Kampfs sollte auch die ganze Schlacht gewinnen. Kein Soldat des Königs traute sich gegen Goliath anzutreten. Da meldete sich David freiwillig. David war ein junger Schafhirt und kam aus Bethlehem. Er hatte ältere Brüder, die am Krieg gegen die Philister beteiligt waren. Er sollte eigentlich seinen Brüdern nur Verpflegung bringen. Aber als er die Kampfansage des Goliath hörte, meldete er sich. Er trug weder Rüstung noch besaß er Waffen. Alle waren entsetzt und wollten David davon abhalten gegen Goliath zu kämpfen. Doch der blieb unbeirrt. So kam es zum Kampf. David hatte eine Steinschleuder dabei. Mit einem gezielten Schuss traf er Goliath am Kopf. Der ging zu Boden. David lieh sich ein Schwert von einem Soldaten und hieb ihm den Kopf ab. Die Schlacht  war damit zu Ende. Sauls Soldaten hatten gesiegt. Alle waren begeistert von Davids Mut und seinem Kampfgeist. König Saul wollte wissen, wer dieser David war. Man brachte ihn zu ihm. Und Saul behielt David am Königshof.

So kam der junge Hirtenjunge an den Königshof nach Jerusalem. Dort lernte er Jonathan kennen. Er war einer der Söhne von König Saul. Jonathan war begeistert vom charismatischen David.  In der Bibel steht, dass er David liebte wie sein eigenes Leben. Und zum Zeichen seiner Liebe und Treue schenkte er David seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel.

"Nach dem Gespräch Davids mit Saul schloss Jonathan David in sein Herz, und Jonathan liebte David wie sein eigenes Leben. Er schloss mit David einen Bund, denn er hatte ihn lieb wie sein eigenes Herz. Er zog den Mantel, den er anhatte, aus und gab ihn David, ebenso seine Rüstung, sein Schwert, seinen Bogen und seinen Gürtel." (1. Buch Samuel, Kapitel 18,1-4)

Diese biblische Passage ist bemerkenswert. Jonathan lieferte sich David vollkommen aus. Er ging damit ein hohes Risiko ein. Er machte sich verwundbar, zeigte sich ohne Visier und Schutz. Das war für Männer damals eine ganz untypische Verhaltensweise. Welche Garantie hatte Jonathan, dass David das nicht ausnutzen würde? Keine. Seine Liebe kannte keine Grenzen. Er vertraute David. Und er schloss sogar einen Bund mit ihm. Und David ließ sich auf den Bund ein. Allerdings lässt sich aus der biblischen Passage nicht erkennen, was David zu dem Bundschluss dachte.

Es war ein schicksalhafter Moment. Der Königssohn schwor dem Hirtensohn die Treue. Was für eine Umkehrung der Hierarchie! War Jonathan nicht klar, dass er damit seine Chance auf die Thronnachfolge massiv verringerte? War ihm egal, dass er als Königssohn eigentlich seinen Einfluss und seine Macht stärken sollte, statt seine Loyalität einem Mann aus einer einfachen Hirtenfamilie zu versprechen? Konnte das gut gehen?

Tatsächlich standen Fragen von Stand, Macht und Einfluss zwischen ihnen. Aber das kümmerte Jonathan nicht. Er bildete David zum Krieger aus und brachte ihm alles über die Kriegsführung bei. Und David wurde ein erfolgreicher Krieger. Er gewann eine Schlacht nach der anderen gegen die Philister und wurde weit über den Hof des Königs hinaus bekannt.

König Saul beobachtete diese Entwicklung misstrauisch. Ihm gefiel nicht, dass David und Jonathan beste Freude wurden. Außerdem war er eifersüchtig und neidisch auf David. David schien alles zu gelingen, was er anpackte. Er hatte mit seiner Klugheit den starken Goliath erschlagen. Und auch in weiteren Schlachten ging David stets als Sieger hervor. Saul wurde dagegen immer schwermütiger und unbeweglicher. Er sah seine Macht als König in Gefahr. David hatte viel für ihn getan. Doch er war zu mächtig und beliebt geworden. Saul erlebte ihn nur noch als gefährlichen Konkurrenten um Macht und Ehre. Er musste Davids Einfluss stoppen. Also beschloss er David zu töten. David hatte das geahnt und war nach einer Schlacht nicht wieder an den Hof von König Saul zurückgekehrt.

Sauls Entwicklung war tragisch. Er erkannte, dass mit David das geschah, was er als junger Mann selbst erlebt hatte. Er war auserwählt, gesalbt und zum König gemacht worden. Er war beliebt, mächtig und stark gewesen. Und nun kam dieser Hirtensohn aus Bethlehem daher und stahl ihm die Show. Er war rasend vor Zorn.

Für seinen Sohn Jonathan musste es eine schreckliche Situation gesesen sein. Er erlebte die Wut und Verzweiflung seines Vaters. Und gleichzeitig war er David verfallen. Er wurde zwischen den beiden aufgerieben. Und seine eigene Zukuft als potenzieller Nachfolger von Saul schien er darüber ganz zu vergessen. Oder sie war ihm nicht so wichtig. Stattdessen setzte sich Jonathan bei seinem Vater für David ein. Er vermittelte und sprach sich für David aus. Zunächst gelang ihm das, und David kehrte an den Königshof zurück.

Aber der scheinbare Friede hielt nicht lange an. Saul verfiel wieder in Schwermut. David spielte für ihn auf einer Laute, um ihn aufzuheitern. Das hatte er auch zu Beginn seiner Zeit am Hof oft für den König getan. Doch statt dankbar zu sein, warf Saul einen Speer nach ihm. Daraufhin floh David endgültig vom Königshof. Er machte ein geheimes Treffen mit Jonathan aus. Nun übernahm David das Kommando. Er bat Jonathan seinem Vater eine Ausrede vorzulegen,warum David zu einem Festmahl am Hof nicht erscheinen würde. Doch Saul erkannte die Ausrede und wurde noch zorniger. Voller Wut schrie er seinen Sohn Jonathan an:

"Du Sohn einer ehrlosen Mutter. Ich weiß sehr wohl, dass du dir den Sohn Isais erkoren hast, dir und deiner Mutter, die dich geboren hat, zur Schande! Doch solange der Sohn Isais auf Erden lebt, wirst weder du noch dein Königtum Bestand haben." (1. Samuel 20, 30 f.).

Saul verfluchte seinen Sohn und nannte dessen Freundschaft zu David eine Schande. Es ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass Saul wusste, dass es zwischen Jonathan und David nicht nur um Freundschaft ging. Höhnisch wertete er die Freundschaft ab. Saul spürte die Liebe zwischen David und Jonathan und hielt sie für gefährlich. Denn sie sprengte alle bekannten Normen und Regeln, die auf Machterhalt und Ordnung in der Königsfamilie ausgerichtet waren. Saul wurde darüber so zornig, dass er sogar einen Speer nach seinem eigenen Sohn warf. Da war Jonathan klar, dass die Kluft zwischen Saul und David nicht mehr zu kitten war. Der Abgrund war unüberbrückbar. Aus der Konkurrenz zwischen beiden war ein Kamf auf Leben und Tod geworden. Jonathan konnte da nicht mehr vermitteln. Er musste sich nun entscheiden. Er blieb äußerlich bei seinem Vater. Aber im Herzen blieb er auf Davids Seite.

Jonathan und David trafen sich heimlich und erneuerten ihren Bund. Jonathan bat David, seine Nachkommen und die von Saul zu verschonen. Vielleicht ahnte Jonathan bereits, dass er selbst keine Zukunft mehr am Hof hatte. Dann nahmen sie Abschied.

"David fiel auf sein Antlitz zur Erde und beugte sich dreimal nieder, und sie küssten einander und weinten miteinander, David aber am allermeisten. Und Jonathan sprach zu David. Geh hin mit Frieden!  Für das, was wir beide geschworen haben im Namen Gottes, dafür stehe Gott zwischen mir und dir, zwischen meinen Nachkommen und deinen Nachkommen in Ewigkeit. Und David machte sich auf und ging seines Weges. Jonathan aber ging in die Stadt." (1. Samuel 20, 41 ff.).

Es war das letzte Mal, dass die beiden sich sehen sollten. Es ist eine berührende Abschiedsszene. Und sie wird erstaunlich offenherzig erzählt. Beide küssten sich und weinten. Und David am meisten. Hier wird zum ersten Mal auch von David berichtet, dass er Jonathan geliebt hat. Die beiden Männer mussten Abschied nehmen. Ihre Liebe durfte nicht sein und hatte keine Zukunft. Zwei Männer, die weinten. Nach dem damaligen Männerbild konnte das nicht gut gehen. Sie waren Männer und Soldaten. Sie sollten mutig und stark sein. Weinen war da nicht vorgesehen. Schon gar nicht ein Weinen umeinander. Das galt damals und gilt vielerorts auch heute noch. Dass sich die beiden auch noch küssten und liebten, machte die Sache nicht einfacher. 

Zwar ist durch außerbiblische Quellen nachgewiesen, dass Männer auch zur damaligen Zeit homoerotische Liebschaften hatten. Das war durchaus gängig. Gleichzeitig mussten sie aber verheiratet sein und Kinder haben. Männer sollten echte Kerle sein. Homoerotischer Sex widersprach dem nicht. Solange sie sich nicht ‚unmännlich' gaben und sie das gängige Männerbild nicht durchbrachen. Erst wenn sie zu feminin wirkten, zu sensibel oder scheinbar zu weiblich waren, galten sie als feminisierte oder verweichlichte Männer. Dann hatten sie Sanktionen zu fürchten und wurden aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Denn sie gefährdeten die bestehende Geschlechterordnung.

Die Geschichte von David und Jonathan muss schon zu biblischen Zeiten bemerkenswert gewesen sein. Sonst hätte sie es nicht in dieser offenen Sprache und Klarheit in die Bibel geschafft. Bemerkenswert ist auch, dass ihre Freundschaft in der Geschichte nicht verurteilt oder moralisiert wurde. Ihre Liebe war einfach da und prägte die Handlungsweisen der jungen Männer. Und gleichzeitig waren sie wiederum ganz anders. Gerade von David ist biblisch bezeugt, dass er mehrere Ehefrauen hatte. Er war ganz offensichtlich ein Frauenheld. Aber von einer so tiefen Liebe wie die zu Jonathan lesen wir an keiner anderen Stelle in der Bibel.

Nach dem Abschied zwischen Jonathan und David kam es zu einer weiteren Schlacht gegen die Philister. Saul und Jonathan haben die Schlacht beide nicht überlebt. Auch seine Brüder überlebten nicht. Als David davon erfuhr, stimmte er ein Klagelied an:

"Israel, dein Stolz liegt erschlagen auf deinen Höhen. Ach, die Helden sind gefallen! Saul und Jonathan, die Geliebten und Teuren, im Leben und im Tod sind sie nicht getrennt Sie waren schneller als Adler, waren stärker als Löwen. Ihr Töchter Israels, um Saul müsst ihr weinen, er hat euch in köstlichem Purpur gekleidet, hat goldenen Schmuck auf eure Gewänder geheftet. Auch, die Helden sind gefallen mitten im Kampf. Jonathan liegt erschlagen auf den Höhen. Weh ist es mir um dich, mein Bruder Jonathan, ich habe große Freude und Wonne an dir gehabt. Du warst mir sehr lieb. Wunderbarer war deine Liebe für mich, als die Liebe der Frauen. Auch, die Heden sind gefallen, die Waffen des Kampfes verloren." (2. Samuel, 1, 1 ff.)

Dieses Klagelied macht deutlich, wie stark David Jonathan innerlich zugetan war. Die Zeilen erinnern mich an Old Shatterhand, als er den Tod seines Blutsbruders Winnetou beklagt, ihn im Sterben küsst und völlig verzweifelt ist. Die homoerotische Liebe ist deutlich zu spüren. Dennoch durfte sie nicht benannt werden. Sie wurde in Ehrerbietung und in ein Lob von Tapferkeit und Heldenmut gekleidet und ensprechend codiert.  Eine andere Sprache zwischen Männern war nicht möglich. Trotzdem wurde David zum Schluss seiner Klage erstaunlich eindeutig:

 "Wunderbarer war deine Liebe  für mich, als die Liebe der Frauen." 

Deutlicher, sollte man meinen, kann eine Liebeserklärung nicht sein. Schon gar nicht in einem biblischen Buch, das Jahrhunderte vor Christi Geburt aufgeschrieben worden war. Und dennoch wurde diese Liebe weg diskutiert, relativiert und ins Abseits gedrängt. Sie wurde als Freundschaft, bestenfalls als Bruderliebe gekennzeichnet. Denn was nicht sein konnte, durfte nicht sein. Die heteronormativen Standards ließen nichts anderes zu. Die Geschichte sollte am besten als Randnotiz im Leben des mutigen und erfogreichen Hirten Davids, der zum König von Israel aufstieg, betrachtet und vergessen werden. Dass ausgerechnet der berühmteste König des alten Israels einen Mann liebte, konnte nicht sein. Daher sollte es nicht weiter erzählt werden.

Zum Schluss bleibt die Frage. Was war das denn nun für eine Beziehung zwischen den beiden Männern? Meine Antwort: Es war eine Beziehung, die mich persönlich sehr berührt hat. Es war eine Beziehung, in der die Liebenden sich verwundbar gemacht und Risiken auf sich genommen haben. Die Beziehung störte die Logik von Machterhalt, Männerkonkurrenz, Ruhm und Ehre und setzte dem etwas anderes entgegen: Liebe, Verwundbarkeit und Nähe. Attribute, die für Männer nicht unbedingt vorgesehen sind und waren.

War diese Freundschaft homoerotisch? Hat auch Sexualität eine Rolle gespielt oder nicht? Waren die beiden Männer bisexuell? Wir können aus der biblischen Geschichte heraus darauf keine Antworten geben. Das ist auch nicht entscheidend. Denn die Geschichte ist jenseits aller heteronomorativen Handlungsmuster vor allem eine Geschichte von einer ergreifenden Männerfreundschaft. Sie kommt ohne Etiketten und Kategorisierung aus. So wie die Männerfreundschaft in dem Kinofilm "Brokeback Mountain"  ohne viele Worte auskommt. Und dennoch zeigt sich eines deutlich: Da haben sich zwei Männer geliebt. Sie haben sich die Treue geschworen und sich trozt aller Machtintrigen nicht verraten. Sie haben sich vertraut, sich geküsst und miteinander geweint.

Wenn Bezieungen so gelebt werden, dann verdienen sie Respekt. Egal wie sie genannt werden. Denn Liebe ist vielfältig, überwältigend, und sie kann Grenzen sprengen. Menschliche Gefühle sind so viel reicher und vielschichtiger als Verbote und Normen. Solange sie im gegenseitigen Einveständnis, in Respekt und Achtung der Menschenwürde des Gegenübers gelebt werden.

David und Jonathan haben etwas von diesem Reichtum menschlicher Gefühle gezeigt. Gut, dass Menschen heutzutage solche Gefühle leben können. Auch wenn es auch heute noch vielerorts nicht einfach oder sogar lebensgefährlich ist sie zu zeigen.

Danke an Folko Habbe für die Inspiration!

Abschied mit allen Sinnen

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Der Umgang mit dem Körper der Verstorbenen
Verstorbene zu Hause aufbahren

Foto: epd-bild / Jochen Günther

Die Mitarbeiter von "Sarggeschichten" zeigen, was bei einer Totenfürsorge zu tun ist, zeigen wie ein Verstorbener zu Hause aufgebahrt werden kann und geben Anregungen, die Trauerfeier persönlich zu gestalten.

Wenn ein naher Angehöriger verstirbt, beginnt für die Hinterbliebenen ein Organisationswettlauf. Den Bestatter verständigen, den Floristen benachrichtigen, die Zeitung anrufen, Benachrichtigungen verschicken und einen Trauerredner finden: In dieser Hektik fehlt allzu oft die Zeit, den Tod überhaupt zu begreifen. Doch es gibt auch Menschen, die auf heilsame Weise versuchen Abschied zu nehmen, indem sie den Tod und ihre Toten nicht aus dem Leben hinausdrängen, sondern sich ganz bewusst mit ihnen auseinandersetzen.

Es ist das Pflegepersonal und es sind die Mitarbeiter von Bestattungsunternehmen, die wissen, wie man die Augen der Toten schließt, den Leichnam wäscht und bekleidet. Sie haben damit ein Wissen, das in der breiten Bevölkerung verloren gegangen ist. In Krankenzimmern und Pflegeheimen nehmen Angehörige Abschied bevor der Bestatter den Leichnam abholt und alle Schritte bis zur Trauerfeier in die Wege leitet. Für viele Deutsche ist es eine Ausnahmesituation einen toten Körper zu berühren. Im Jahr 2016 starben in Deutschland 911.000 Menschen, knapp die Hälfte von ihnen in Krankenhäusern und Pflegeheimen. Die wenigsten Angehörigen möchten sich selbst um den Leichnam kümmern.

Viele Menschen hätten Angst davor dem Leichnam eines Angehörigen zu begegnen, sagt Oliver Wirthmann, Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestatter. Die Angst, sich ohnmächtig und ausgeliefert zu fühlen, lasse viele davor zurückschrecken einen Verstorbenen noch einige Zeit unter den Lebenden zu behalten, ihn zu berühren, ihn vielleicht sogar selbst zu waschen und für die Beerdigung vorzubereiten. Häufig hörten Bestatter den Satz: "Ich möchte ihn so in Erinnerung behalten, wie er war".  Doch wenn die nächsten Angehörigen ihre Verstorbenen nicht noch einmal sehen wollen, so versäumten sie die Möglichkeit den Tod überhaupt zu begreifen, befürchtet Wirthmann.

Doch seit einigen Jahren zeichnet sich ein Wandel in der deutschen Bestattungslandschaft ab. Eine stetig anwachsende Gruppe von Menschen entdeckt den bewussten Abschied von ihren Verstorbenen wieder. Zu ihnen gehört Sarah Benz, sie hat sich den guten Abschied zu einer Lebensaufgabe gemacht: als Trauerbegleiterin im Stadteilbüro und als Mutmacherin im Umgang mit dem Tod. Sarah Benz geht mit ihrer Expertise humorvoll um: "Expertin? Na ich bin ja noch nicht gestorben."

Wer liegt denn hier?

Schon als Kind hatte Sarah Benz einen direkten Umgang mit dem Tod. Denn ihr Elternhaus, das Pfarrhaus, lag direkt neben dem Friedhof. So kam sie ins Gespräch, über die Grabpflege, über die Verstorbenen, über die Trauer der Hinterbliebenen. "Wer liegt denn hier?", fragte sie unverblümt und hörte sich Lebens- und Sterbensgeschichten an. Nach einigem Drängen bekam Sarah Benz sogar ein eigenes Grab, eine kleine verlassene Gruft, deren Pacht ausgelaufen war. Sie bepflanzte und pflegte das Beet um die Gruft und teilte so die nachmittägliche Beschäftigung der Witwen und Friedhofsgärtner.

Einen solchen unverstellten, kindlichen Zugang wünscht sie manchmal auch Erwachsenen. Sie hat selbst miterlebt, wie ein Vierjähriger der verstorbenen Oma noch einmal über die Hand streichelte und verstand, was das eigentlich bedeutet "tot sein" und wie er nach diesem Abschied sagen konnte: "Jetzt hab' ich aber einen riesigen Hunger", und wieder mitten im Alltag angelangte. Denn wie der Tod zum Leben gehört, gehörten auch die Begegnung mit Abschied und der Abschiedsschmerz zum Lebensweg von Kindern und Jugendlichen. 

Doch diese Begegnungen sind in unserer Gesellschaft alles andere als selbstverständlich. Deshalb braucht es Menschen wie Sarah Benz, die Trauernde an die Hand nehmen und ihnen Mut machen sich in dieser belastenden Situation nicht wegzuducken. Gemeinsam mit ihrem Kollegen, dem Bestatter Jan Möllers, erzählt sie auf ihrem YouTube Kanal"Sarggeschichten", die Mut machen sollen. Dort klären die beiden über den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer auf. Ihre YouTube Clips zeigen beispielsweise, was bei einer Totenfürsorge zu tun ist, zeigen wie ein Verstorbener zu Hause aufgebahrt werden kann und geben Anregungen, die Trauerfeier persönlich zu gestalten. "Wir möchten einen Raum öffnen um nachzudenken, um zu gestalten, um das Ende des Lebens nicht einfach wegzuschieben", sagt Sarah Benz über ihre Motivation zu den Sarggeschichten.

Immer wieder mache sie die Erfahrung, wie unzureichend man über das Lebensende informiert ist. So wüssten die wenigsten Angehörigen, dass sie ihre Verstorbenen bis zu 42 Stunden im eigenen Zuhause behalten dürfen, oder diese nach dem Tod im Krankenhaus noch einmal zu sich holen können. Ein Zeitraum, der äußerst selten ausgereizt werde, der aber einen inneren Raum öffne, um den Verlust zu begreifen. Diese besonderen Stunden, in denen ein Verstorbener nicht mehr da ist, aber auf eine besondere Art doch noch unter den Lebenden weilt.

Diese Paradox könne man spüren, sagt Sarah Benz, das bedeute anfassen, sehen wie die Haut bleicher wird, wie die Körpertemperatur sinkt und wie sich die Gesichtszüge einer vertrauten Person allmählich verändern. Diese Veränderung mitzuerleben sei heilsam, sagt Sarah Benz. Wenn sie sich an den Todestag ihrer eigenen Großmutter erinnert, ist das ein warmer, ein schöner Tag. Denn der Familie blieb Zeit für den Abschied, Zeit für Gespräche, für Kaffee und Kuchen, Zeit zum Singen und Be-greifen mit der Großmutter in ihrer Mitte.

Sarah Benz und Jan Möllers von Sarggeschichten.

Die deutschen Bestattungsgesetze, bemerkt Sarah Benz, gäben den Angehörigen weniger Freiheiten als dies zum Beispiel in den Niederlanden der Fall sei. Dort, so habe ihr eine befreundete Bestatterin erzählt, könne der verstorbene Großvater noch einmal im eigenen PKW zur Trauerfeier gefahren werden, oder die ganze Familie in einem Trauerbus den letzten Weg zum Friedhof gemeinsam zurücklegen. Die Nähe zu den Verstorbenen sei für die Familien selbstverständlicher, als das bei uns der Fall ist.

Bis sich beim deutschen Bestattungsrecht etwas bewegt, kämpft Sarah Benz gegen die Ängste und Tabus an, die den Umgang mit den Toten vielerorts bestimmen. Sie ist überzeugt, Angehörige können mit dem Tod und mit ihren Toten umgehen. Sie sollen ihre eigene Stärke spüren, auch in einer belastenden Situation, wie dem Tod eines nahen Menschen. In der Totenfürsorge, so erzählt Sarah Benz, seien viele Angehörige dankbar, dass sie ihren Verstorbenen einen letzten Liebesdienst erweisen könnten, indem sie selbst etwas tun können.

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Noch mal Leben vor dem Tod: Wenn Menschen sterben
Noch mal Leben nach dem Tod - Wenn Menschen sterben

Der würdige und der liebevolle Umgang mit dem Verstorbenen ist auch ein Thema des christlichen Glaubens. Denn Gott ist selbst Mensch geworden, der Körper jedes Menschen trägt seine eigene Würde. Gerade der tote Körper in Form des Gekreuzigten ist in Kirchengebäuden, Kunst und Theologie omnipräsent. In der Bibel wird ganz und gar körpernah erzählt. Der auferstandene Christus erlaubt dem zweifelnden Thomas seinen Finger in die Wundmale der Kreuzigung zu legen.

Denn wenn schon die Realität des Todes Anschauung braucht - Be-greifen - um wie viel mehr braucht dann etwas Unfassbares wie die Auferstehung diese Verstehenshilfe. Im Umgang mit den Körpern der Verstorbenen drückt sich sowohl die Hoffnung auf eine leibliche Auferstehung aus, als auch der Glaube daran, dass jeder Mensch und jeder Körper bei Gott bewahrt ist. Wie wir mit unseren Toten umgehen, zeigt, wie wir selbst zum Leben und zu unserer eigenen Sterblichkeit stehen, zeigt, was wir für unsere Toten hoffen und auch für uns selbst.

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